Die Geschichte der Akustik – Kassettenrekorder & CD-Player
Bis Mitte der 70er Jahre waren Kinderschallplatten ein großer Bestandteil in den meisten Kinderzimmern Deutschlands. Fast jeder Haushalt besaß zu dieser Zeit einen Plattenspieler, nicht selten hatten Kinder zu dieser Zeit ihr eigenes Gerät. Das hatte zur Folge, dass Kinder, die in dieser Zeit geboren wurden, unmittelbar mit abspielbaren Kinderhörbüchern und Plattenspielgeräten aufwuchsen. Die Erfindung der Kompaktkassette vergrößerte den Kinderhörspielboom deutlich.
Zwar existierten seit den 30er Jahren schon sogenannte Tonbänder, die aber aufgrund ihres komplexen Umgangs und der voluminösen Form kaum attraktiv für Privathaushalte waren. Auch zum herkömmlichen Plattenspieler besaß die Kassette einen großen Vorteil. Sie war nicht nur um einiges kleiner, sondern war auch robuster und nicht übermäßig empfindlich wie eine Schallplatte. Kassettenrekorder konnten – anders als Plattenspieler, die oft Feinmotorik forderten – von Kindern besser verwendet werden.
Als dann auch noch Anfang der 80er Jahre der tragbare Walkman auf den Markt kam, schien der Plattenspieler vorerst Geschichte. Besonders die Möglichkeit, eigene Audiospuren mit langer Laufzeit aufnehmen zu können, begeisterte viele Kinder und Jugendliche von der Kassette.
Übrigens läutete das auch eine der ersten Phasen der Erstellung von Raubkopien ein. Kampagnen wie „Home Taping Is Killing Music“ wurde 1980 von der Musikindustrie ins Leben gerufen, bevor dann viele Kassettenrekorder mit Radios als Kombigerät entwickelt wurden. Zwar konnte die Schallplatte noch immer eine bessere Audioqualität erzeugen – für Kinder schien dies aber irrelevant.
Die Auswahl der Kassettenrekorder in der Kindermediensammlung der Hochschule der Medien Stuttgart zeigt auf, wie relevant diese Geräte für Kinder in den 70er und 80er Jahren waren. Viele Rekorder hatten direkten Bezug zu Geschichten für Kinder, wie beispielsweise „Barbie“ oder Disneys „Der König der Löwen“.
Dieser Kassettenrekorder ist aus den 2000er Jahren, was veranschaulicht, wie lange sich die Kassette auf dem Markt für Kinderhörmedien durchsetzen konnte. Der Rekorder hatte einen Tragegriff, sodass die Kinder ihn überall mit hinnehmen konnten. Außerdem hatte er ein Mikrofon dabei, was es den Kindern ermöglichte, eigene Audiospuren aufzunehmen.
Lange Zeit galt also die Kassette als das akustische Kindermedium schlechthin. Erste Kinderhörspielserien wie „Fünf Freunde“, „TKKG“ oder natürlich „Die drei ???“ hatten bahnbrechenden Erfolg in Deutschland. All das trug zur deutschen Hörspielkultur bei.
Ohne Heimcomputer und Privatfernseher hatte der Kassettenrekorder den perfekten Nährboden, sich auf dem Hörbuchmarkt auszubreiten, bis in den späten 1980er Jahren die „Compact Disc Recordable“ auf dem Markt kam – auch bekannt als CD. Der CD-Player war eine starke Konkurrenz zu den Kassettenrekordern, da er eine verbesserte Tonqualität aufwies und wesentlich platzsparender war. Besonders bei Kinderserien, wie den „Die Drei ???“, die einen Sammeleffekt darbrachten, eigneten sich dünnere CD-Hüllen viel besser als die breiten Kassetten. Auch Pseudo-CD-Player wurden als Kinderspielzeuge gestaltet. Die Sammlung der Kindermedienwelten besitzt viele dieser Pseudo-CD-Player. Sie waren aufgebaut wie der herkömmliche CD-Player, spielten aber keine eigentlichen Tonträger ab. Vermutlich waren sie dazu da, um den jüngeren Kindern den Umgang mit diesen Geräten näher zu bringen.
Irgendwann wurden dann CD-Player als Kombiform mit Kassettenrekordern auf den Markt gebracht, da die Kassette noch immer sehr beliebt war. Anders als die Kassette, die über Magnetbänder nach phonographischem Prinzip abgespielt wurde, war die CD nun digital. Sie konnte also nicht so schnell kaputt gehen und setzte sich deshalb bis ins 21. Jahrhundert als das Hauptmedium für Kinderhörmedien durch.
Ab 2010 gab es allerdings immer mehr Streaming-Angebote. Heutzutage sind Anbieter wie Audible oder Spotify nicht mehr vom Hörmedienmarkt wegzudenken. Viele Autos besitzen nicht einmal mehr einen eingebauten CD-Player. Für Kinder boomen mittlerweile die sogenannten Tonies. Die Toniebox stellt vor allem für jüngere Kinder ein viel intuitiveres Gerät dar. Die dazugehörigen Toniefiguren, die als Tonträger dienen, bieten einen netten Sammeleffekt. Die Kinder können auch mit ihnen spielen und sind durch ihre robuste Bauweise wesentlich weniger empfindlich als die CD.
Heutzutage hören Kinder also weniger CDs und Kassetten, sondern oftmals sind es Tonieboxen, die sie faszinieren. Der Gedanke des Sammelns und das Hören der Geschichten ist aber seit Erfindung der Kassette gleich geblieben. Obwohl dieser Sammeleffekt bei den Streaming-Angeboten verloren geht, sind Hörbücher in digitaler Form sehr beliebt.
Von der Spieluhr bis zur Toniebox hat sich auf dem deutschen Hörbuchmarkt vieles geändert und der Markt wurde entsprechend ausgebaut. Die Idee dahinter, das Vertonen eines Buches, einer Geschichte oder eines Musikstücks, ist aber immer gleich geblieben und scheint jede Generation auf ihre Weise zu faszinieren. Während Kinder in den 20er Jahren noch Schokoladenplatten gehört und gegessen haben, sammeln Kinder heutzutage Toniefiguren und hören ihre Geschichten an. Das Gerät hat sich im Optischen zwar verändert, doch der Reiz dahinter ist weitgehend derselbe geblieben.
Quellen und weiterführende Informationen
Bastian, A. (2014). Das KassettenkinderPhänomen und die Sonderstellung Deutschlands in Bezug auf
Hörspielproduktion und -konsum. Brünner Hefte zu Deutsch als Fremdsprache, 1/2(7), 72–82. https://journals.muni.cz/bruenner-hefte/article/view/11774/10924
Naylor, T. (2017, 4. Januar). Home Taping Is Thrilling Music. Record Collector. Abgerufen am 27. Mai
2022, von https://recordcollectormag.com/articles/home-taping-thrilling-music
Die Fotos stammen aus der Sammlung „KinderMedienWelten“ der Hochschule der Medien Stuttgart.
Der Link zur Onlineausstellung: https://kindermedienwelten.de/