„Worst children’s library“

Im April 2025 eröffnete die „Auckland Normal Intermediate School“ in Neuseeland eine außergewöhnliche temporäre Ausstellung in der Schulbibliothek, die Eltern und Pädagog*innen zum Nachdenken anregen sollte. In Kooperation mit „Samsung Neuseeland“ und der Online-Inhaltsfilter-Plattform „Safe Surfer“ wurde die „Worst Children’s Library“ ins Leben gerufen, eine Ausstellung, die bedrohliche digitale Inhalte aufzeigte, denen Kinder und Jugendliche online begegnen können. Statt der üblichen Bücherregale sahen sich Besucher*innen mit einer Sammlung von über 1.000 fiktiven Büchern konfrontiert, die reale digitale Bedrohungen darstellten. Die Bücher thematisierten Selbstverletzung, Hassreden, toxische Schönheitsideale und Mobbing. Beispielhafte Titel, viele davon verstörend, lauteten „100 Wege, sich selbst zu verletzen“, „Grausame Methoden, Tiere zu töten“ oder „1,2,3, zähl mit mir Kalorien“. Die Titel basierten auf globalen medienwissenschaftlichen Daten zu den Gefahren, denen Kinder und Jugendliche im digitalen Raum täglich ausgesetzt sind.
Die Ausstellung veranschaulichte, wie schwierig es für Eltern und Pädagog*innen sein kann, die digitalen Welten von Kindern und Jugendlichen zu verstehen. Gerade in einer Zeit, in der für junge Menschen durch ihre Smartphones ein direkter Zugang zu potenziell schädlichen Inhalten besteht, wird es immer schwieriger, diese Gefahren zu kontrollieren. In diesem Kontext wird es zunehmend wichtiger, einen offenen Dialog über die Risiken zu fördern, die Kinder und Jugendliche im Netz erleben. Die „Worst Children’s Library“ ist daher ein Beispiel dafür, wie kreative Ansätze dabei helfen können, eine breitere Diskussion über die Gefahren der digitalen Welt zu führen und einen aktiven Austausch zwischen Eltern, Pädagog*innen und Kindern zu fördern.
Online-Sicherheit als Herausforderung
Die wachsende Sorge um die Online-Sicherheit von Kindern ist keine neue Diskussion. Durch aktuelle gesellschaftliche Phänomene gewinnt sie jedoch an Dringlichkeit. Die Netflix-Serie „Adolescence“, welche in der ersten Ausstrahlungswoche in Großbritannien mehr als 24 Millionen Streams verzeichnete und in 79 Ländern den ersten Platz in den Netflix-Charts erreichte, hat bereits eine breite Debatte über die Auswirkungen des ständigen Online-Seins auf junge Menschen angestoßen. Im Mittelpunkt der Diskussion zur Serie standen Themen wie toxische Männlichkeit und die Verbreitung von „Incel“-Ideologien im Internet. Dabei handelt es sich um eine Bewegung, die von einem tiefen Hass gegenüber Frauen geprägt ist. Die Serie zeigt, wie schnell junge Männer in solche Denkweisen geraten können und welche negativen Auswirkungen das auf ihr Verständnis von Geschlechterrollen und Beziehungen hat. Eine Frage, die sich im Kontext der Diskussionen stellt, ist: Wie können Eltern besser verstehen, was ihre Kinder online erleben und wie können junge Menschen dabei unterstützt werden, sich sicher(er) und selbstbewusst(er) im Netz zu bewegen?
Umgang mit den Herausforderungen
Smartphones sind aus dem Alltag der Kinder nicht mehr wegzudenken, und mit jedem Schritt, den sie in der digitalen Welt machen, begegnen sie potenziell schädlichen Inhalten, über die sie häufig nicht mit ihren Eltern sprechen. Die KIM-Studie aus dem Jahr 2024 zeigt, dass 8 % der Sechs- bis 13-Jährigen schon auf Inhalte gestoßen sind, die nicht altersgerecht waren, während 5 % unangenehme und 5 % Inhalte, die Angst verursachten, erlebten. Besonders häufig betroffen sind Kinder in höheren Altersgruppen, und in allen Bereichen ist ein leichter Anstieg der Kontaktzahlen im Vergleich zur Vorstudie zu verzeichnen, wobei sexualisierte und pornografische Inhalte dominieren.
Australien entschied als erstes Land weltweit, ein Nutzungsverbot für soziale Medien für Jugendliche unter 16 Jahren einzuführen. Eine Untersuchung der australischen Online-Sicherheitsbehörde „eSafety“ ergab jedoch, dass das Verbot leicht umgangen werden könnte, indem das Alter bei Anmeldungen falsch angegeben wird. Die Partnerschaft von Samsung und Safe Surfer, die auch hinter der „Worst Children’s Library“ steht, entwickelte ein kindersicheres Smartphone mit integrierten Schutzfunktionen. Dies könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein. Doch neben technischen Lösungen wie Inhaltsfilter oder Kindersicherheitsfunktionen liegt die eigentliche Herausforderung vielmehr in der Vermittlung von Medienkompetenz, um Kinder und Jugendliche in ihren Fähigkeiten zu stärken, kritisch mit digitalen Inhalten umzugehen.
Quellen und weiterführende Informationen
Leroy, Acacia (2025): What if a library held every harm kids encounter online? https://www.trendwatching.com/trends-and-insights/what-if-a-library-held-every-harm-kids-encounter-online-this-one-did . (05.06.2025)
Leuschke, Chloe (2025): The worst children’s library opens: a school library so shocking children are banned. https://www.wjhl.com/business/press-releases/ein-presswire/800277320/the-worst-childrens-library-opens-a-school-library-so-shocking-children-are-banned/ . (05.06.2025)
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2024): KIM-Studie 2024. https://mpfs.de/app/uploads/2025/05/KIM-Studie-2024.pdf . (05.06.2025)
Schmidt, Florian (2025): „Adolescence“: Debatte über toxische Männlichkeit und soziale Medien. https://www.ndr.de/kultur/film/Adolescence-Debatte-ueber-toxische-Maennlichkeit-und-soziale-Medien,adolescence100.html . (05.06.2025)
Tagesschau (2025): Australiens Jugendliche umgehen Social-Media-Verbot. https://www.tagesschau.de/ausland/ozeanien/australien-social-media-104.html#:~:text=Seit%20November%20gilt%20in%20Australien,Nutzung%20von%20Social%20Media%20verbietet. . (05.06.2025)