Von Lego bis Barbie: Wie Spielzeugverfilmungen das Potenzial von Marken nutzen
Spielzeug wird heutzutage oft für Werbezwecke verwendet. Die Vermarktung von Kinderspielzeug über Filme bleibt damit eine relevante Werbemaßnahme. Die kommerzielle Attraktivität von Spielzeugen beruht unter anderem auf der Verfilmung von Spielzeug, wie es durch die Spielzeugponys von My Little Pony bekannt ist. Ebenso gelingt das Wiederaufleben früherer Spielzeugmarken durch Filme, die auf Spielzeug basieren. Neuerdings ist im Bereich der Konsolenspiele ein verstärkter Trend der Spielzeugverfilmung erkennbar, wie nachfolgend aufgeführt wird.
Spielzeug als Werbeträger
Wurde um 1850 lediglich die Verfügbarkeit von Spielzeugware angekündigt, zielen moderne Werbestrategien verstärkt darauf ab, mit emotionalen Geschichten für ihre Spielzeugprodukte zu werben, mit denen sich Kinder identifizieren. Durch die Werbung wird den Kindern suggeriert, dass sich die evozierten Wünsche und Träume nur durch den Kauf des Produkts erfüllen lassen. Damit entspricht Werbung einer strategischen Kommunikation mit der Absicht, die mit dem Produkt verbundenen Ideen zu verkaufen (Holtz-Bacha, 2023, 322).
Verschiedene Studien stellen darüber hinaus aktuell fest, dass sich Werbeangebote für Kinder wandeln. Werbemaßnahmen sind inzwischen sehr vielfältig und die Werbeformate wenig differenziert. So ist unter anderem die Grenze zwischen Werbung und Unterhaltung fließend und Werbung dementsprechend immer schwieriger als solche erkennbar (Mucundorfeanu/Balaban, 2022, 208).
Die Entwicklung eines Kindes wird durch die Zurverfügungstellung interessanter Spielzeugangebote unterstützt (Horn, 2022, 314). Oft wohnt Spielzeugen auch eine gezielte pädagogische Maßnahme inne, um Lernprozesse durch den Einsatz von Spielzeugen zu fördern (Horn, 2022, 323). Durch die Kommerzialisierung ist Spielzeug allerdings nicht mehr nur im Sinn des Zwecks zum Spielen zu verstehen, sondern dient primär als Ideenträger für Konsum und Kultur (Horn, 2022, 325). Dadurch geht die ursprüngliche, imaginative Verwendung von Spielzeugen für Kinder verloren (Brodski, 2022, 451).
Damit inkludiert Spielzeug stets auch den Zweck der Werbevermittlung von Ideen und Marketingkonzepten der Spielzeughersteller (Horn, 2022, 325). So wurde aufgrund der Spielzeugvermarktung bekannter Disneyfilme auch schon von einer “filmische[n] Manifestation eines Spielzeugkatalogs“ gesprochen (Brodski, 2022, 464; nach Rosenbaum, 1995).
Werbung hat somit einerseits das Ziel, das Wissen, die Meinungen oder die Einstellung der Konsumenten zu beeinflussen. Dadurch spiegelt Werbung andererseits auch den kulturellen Wandel in der Gesellschaft wider, da Spielzeugwerbung die gegenwärtigen gesellschaftlichen Wert- und Normvorstellungen vermittelt (Holtz-Bacha, 2023, 322). Der Aspekt der Darstellung geschlechtsspezifischer Rollenbilder in Kindermedien wird in dem Beitrag Das Frauenbild in Kindermedien vom November 2023 näher betrachtet.
Mehr zu dem angrenzenden Thema der Werbestrategie bei Kindern steht in dem Beitrag vom Januar 2023: Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel – ist dies in Deutschland bald Geschichte?. Werbung erfolgt bei Kindern inzwischen auch über Influencer*innen, die über YouTube gezielt Produkte für Kinder bewerben (Mucundorfeanu/Balaban, 2022, nach Boerman/Reijmersdal, 2020). Das Thema Influencer*innen wird in dem Beitrag vom Mai 2021 unter Kidfluencer und Kidfluencerinnen vertieft behandelt.
Der Einfluss von Spielzeugwerbung
Das Fernsehen stellt ein zentrales Werbemittel dar, um Kinder auf Produkte aufmerksam zu machen. Üblicherweise wird die meiste Fernsehwerbung von Spielzeugen für Kinder in den beiden letzten Monaten des Jahres zur Weihnachtszeit ausgestrahlt. Das lineare Fernsehen zählt damit zu der Hauptinformationsquelle für Kinder über das neueste Kinderspielzeug (Mucundorfeanu/Balaban, 2022, 203). Zudem ist nachgewiesen, dass durch Spielzeugwerbung im Fernsehen das Interesse für das beworbene Produkt bei Kindern unabhängig von der Altersstufe um ca. fünf Prozent steigt (Mucundorfeanu/Balaban, 2022, 204).
Fernsehwerbung hält damit zwar einen deutlichen Einfluss auf das Verlangen von Kindern nach Kinderspielzeug inne. Doch die Dauer der Werbung, das Alter eines Kindes wie auch der Einfluss von Gleichaltrigen und Eltern fließt in die Werbekommunikation eines Kindes mit ein (Mucundorfeanu/Balaban, 2022, 202).
Ältere Kinder verlangen zudem nachweislich weniger nach Spielzeug als jüngere Kinder. Während sich Kinder im Vorschulalter sehr für Spielzeug interessieren, nimmt im Grundschulalter die Relevanz von Spielzeugen hingegen meist wieder ab. Aufgrund der Auswahl an vielfältigen sozialen und medialen Freizeitaktivitäten mindert sich der Bedarf an Kinderspielzeugen, je älter die Kinder werden (Horn, 2022, 325). Wissenschaftler*innen vermuten zudem, dass dies auch in den erweiterten kognitiven Fähigkeiten begründet liegt, sodass mit dem zunehmendem Alter von Kindern die Resilienz gegen kommerzielle Werbemittel steigt (Mucundorfeanu/Balaban, 2022, 204; nach Robertson/Rossiter 1974).
Spielzeugverfilmung als Vermarktungsstrategie
Spielzeug ist in vielfältiger Weise in Filmen eingebettet. Die Vermarktungsfunktion über Filme dient dem Zweck, die ästhetischen und funktionalen Merkmale eines Spielzeugs filmisch hervorzuheben (Brodski, 2022, 451). Aufgrund des Attraktionspotenzials von Spielzeugen finden diese vor allem in amerikanischen Blockbuster-Kinofilmen oft Verwendung (Brodski, 2022, 462). Die visuelle Darstellung des Spielzeugs in Filmen inkludiert jedoch stets eine kommerzielle Wirkung (Brodski, 2022, 452). So ergeben sich aus der “Inszenierung [von Spielzeugen in Filmen] die Möglichkeiten einer impliziten Vermarktung“ für Spielzeughersteller durch Filmkooperationen (Brodski, 2022, 451).
Bereits mit Lego wurden Animationsfilme produziert, die auf den bekannten Produkten des gleichnamigen Spielzeugherstellers beruhen. Zudem hat das Spielzeugunternehmen Hasbro aus der Spielzeugroboterreihe Transformers eine milliardenschwere Filmreihe produziert (Barasch, 2023, Abs.15). Insbesondere die Zeichentrickserie My Little Pony steht exemplarisch für die Verfilmung von Kinderspielzeug, bei welchen die Filme bekannterweise auf den Spielzeugponys des Herstellers Hasbro basieren (My Little Pony – Freundschaft ist Magie, o.D., Abs.1). So kommt es immer wieder vor, dass Spielzeugunternehmen einen Vertrag mit Filmunternehmen abschließen und sich Filmunternehmen die Filmrechte an Spielzeugen und Spielen sichern (Barasch, 2023, Abs.15).
Dabei wird das Spielzeug oftmals als exponiertes Attraktionsobjekt in den Fokus der Filmhandlung gerückt. Selbst durch die in Blockbuster-Filmen dargestellten Kämpfe wird die Attraktivität des Spielzeugs als Konsumobjekt ausgedrückt (Brodski, 2022, 464). Jedoch stellt neben dem Reiz des Attraktionsgehalts von Spielzeugen für Kinder auch die nostalgische Komponente bei Erwachsenen eine bedeutende Rolle dar (Brodski, 2022, 470). So basiert die Filmreihe Transformers auf der Reanimierung einer veralteten Spielzeugmarke aus der Kindheit vieler Erwachsener (Brodski, 2022, 469). Durch Filme wird die Attraktivität eines Spielzeugs somit gezielt erneuert, sodass das Spielzeug kommerziell für die heutigen Kinder wieder aufgelebt wird (Brodski, 2022, 463).
Die Werbewirkung in Verfilmungen mit Spielzeug kann dabei jedoch auch ohne bewusste Wahrnehmung erfolgen (Mucundorfeanu/Balaban, 2022, 207; nach Hang, 2012). Entweder steht das Spielzeug offensichtlich im Fokus der Filmhandlung oder das Spielzeug wird durch die haptische Verfügbarkeit indirekt als Konsumartikel im Film dargestellt. So ist beispielsweise die Filmhandlung in Steven Spielbergs Film Jurassic Park zwar auf echte Dinosaurier ausgerichtet, jedoch wird das Thema verdichtet, indem mittels Kameraeinstellungen die Dinosaurier-Spielfiguren in einem Souvenirladen des Parks in einer Sequenz fokussiert werden (Brodski, 2022, 262).
Diese immanente Botschaft als Konsumartikel stellt dadurch ebenfalls eine Vermarktungsform von Spielzeugprodukten dar. Für das Filmpublikum ist es möglich, ähnliche wie im Film gezeigte Konsumobjekte im Spielzeughandel zu erwerben. Diese implizite Werbeform entspricht damit der “transmediale[n] Vermarktungsweise“ von Spielzeugen (Brodski, 2022, 462-463). Durch den hohen Bekanntheitsgrad mancher Spielzeugmarken sind die Spielzeuge dem Filmpublikum jedoch oftmals bereits bekannt (Barasch, 2023, Abs.10).
Aktuelle Entwicklungen bei Spielzeugverfilmungen
Konsolenspiele stellen ebenfalls eine Möglichkeit zur Verfilmung dar. So gab es bereits im Jahr 2006 einen in Japan erschienenen Animal Crossing Film, der an dem Nintendo-Spiel Animal Crossing: Wild Word orientiert ist. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Films war Animal Crossing das erfolgreichste Spiel von Nintendo (Animal Crossing – Der Film, o.D., Abs.1). Doch die Verfilmung von ursprünglich aus Spielen bekannten Charakteren nimmt zu. So plant das Unternehmen Nintendo nach der Veröffentlichung des nach dem Nintendo-Spiels nachempfundenen Animationsfilm Super Mario Bros. zusätzlich eine Verfilmung des Nintendo-Spiels The Legend of Zelda mit echten Schauspieler*innen (Sprenger, 2023, Abs.1).
Nach der Veröffentlichung des Barbie-Films im Sommer 2023 ist nun die Entwicklung eines regelrechten Trends von Spielzeugverfilmungen festzustellen. So plant vor allem der Spielzeughersteller Mattel weitere Filme zu bekannten Spielzeugen zu produzieren, wie zum Beispiel zu dem Kartenspiel UNO, zu den Spielzeugautos Hot Wheels oder zu den Spielzeugfiguren Polly Pocket (Melzer, 2023, Abs.1-2).
Bedeutung von Spielzeugverfilmungen für Kinder und Erwachsene
Die Beispiele verdeutlichen, dass die traditionellen wie auch digitalen Spiele heutzutage stark mit der Unterhaltungsindustrie verbunden sind. Die Spielzeugindustrie versteht es, Spiele für Kinder attraktiv für Kinder zu inszenieren (Horn, 2022, 324). Die Konsumvielfalt bei Kinderspielzeugen wirkt sich dabei auf das Spielen von Kindern aus, wodurch schon früh bei Kindern das Bedürfnis nach “Leitfiguren, Moden und Lebensstilen“ geweckt wird (Horn, 2022, 325-326; nach Retter, 2005). Spielzeug erfüllt damit immer weniger den Zweck der ursprünglichen Beschäftigung des Spielens, sondern dient als Identifikationsobjekt und als Statussymbol für Kinder (Horn, 2022, 325).
Durch die Verwendung eines Spielzeugs als erzählerisches Element in einem Film findet eine Verschiebung der Bedeutung und des Zwecks des Spielzeugs statt, wodurch anstelle des Spielens der Hauptfokus auf dem Wiedererkennungswert des Spielzeugs in den Filmwerken liegt (Brodski, 2022, 451). Spielzeug wird deshalb auch ein nostalgischer Wert zugeschrieben, sodass aufgrund emotionaler Verbundenheit mit den Gegenständen Kindheitserinnerungen geweckt werden (Brodski, 2022, 453). Damit kann auch bei der Verfilmung von Spielzeug eine emotionale Bindung bei Erwachsenen zu diesen Filmen entstehen (Vecchio et al., 2018, 1). Falls Spielzeug allerdings zu sehr auf die Welt der Erwachsenen ausgerichtet ist, bzw. die “Referenz auf die Erwachsenenwelt“ zu hoch ist, widerspricht dies dem eigentlichen Werbezweck des Spielzeugs Kinder als Zielgruppe anzusprechen (Brodski, 2022, 452).
Fazit
Letztlich wird die Kommerzialisierung von Kinderspielzeug durch die Entwicklung von Filmhandlungen, die auf Spielzeugcharakteren basieren, deutlich. Kinder stellen damit weiterhin eine wichtige Zielgruppe für Spielzeughersteller und Filmunternehmen dar. Das Spielzeug als Attraktionsobjekt steht dabei meist im Fokus der Filmhandlung. Insbesondere in Blockbuster-Filmen wird die Attraktivität von Kinderspielzeug exponiert dargestellt. Einerseits werden durch Spielzeugverfilmungen frühere Spielzeugmarken wieder aufgelebt und andererseits die Faszination und das Verlangen von Kindern nach Spielzeug gezielt evoziert. Feststellbar ist, dass die Verfilmung von Spielzeug weiterhin aktuell bleibt und demnächst noch mehr Verfilmungen des Spielzeugherstellers Mattel zu erwarten sind. Ebenso scheint die Verfilmung von Konsolenspielen momentan beliebt zu sein. Spielzeugverfilmungen bleiben damit weiterhin essentiell für die Vermarktung von Kinderspielzeug.
Quellen und weiterführende Informationen
Barasch, A. (2023): After “Barbie,” Mattel Is Raiding Its Entire Toybox. https://www.newyorker.com/magazine/2023/07/10/after-barbie-mattel-is-raiding-its-entire-toybox (17.12.2023)
Brodski, M. (2022): Spielzeug im Film zwischen motivischer Verdichtung, Kommerzialität und Nostalgie. In: O. Bulgakowa; R. Mauer (Hrsg.): Dinge im Film: Stummer Monolog, verborgenes Gedächtnis. Wiesbaden: Springer Gabler, 451–473. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35261-5
Haury, N. (o.D.). Animal Crossing – Der Film. https://animalcrossingwiki.de/ac/film (17.12.2023)
Holtz-Bacha, C. (2023): Werbung und Gender-Marketing. In: J. Dorer; B. Geiger; B. Hipfl; V. Ratković (Hrsg.): Handbuch Medien und Geschlecht. Wiesbaden: Springer VS, 321–334. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20707-6_47321–334
Horn, A. (2022): Spielen, Spiele, Sportspiele. In: A. Horn (Hrsg.). Sportphilosophie: Eine phänomenologisch fundierte Einführung. Wiesbaden: Springer VS, 311–327. https://doi.org/10.1007/978-3-658-39273-4_17
Melzer, E. (2023). Nach „Barbie“-Erfolg: Gleich 14 (!) neue Mattel-Produktionen geplant – mit „UNO“ & „Polly Pocket“. https://www.kino.de/film/barbie-2023/news/nach-barbie-erfolg-gleich-14-neue-mattel-produktionen-geplant-mit-uno-polly-pocket/ (17.12.2023)
Mucundorfeanu, M.; Balaban, D.C. (2022): Diktiert Fernsehwerbung die Wünsche von Kindern? Die Arbeiten von Robertson und Rossiter. In: T.G. Meitz; N.S. Borchers; B. Naderer (Hrsg.): Schlüsselwerke der Werbeforschung. Wiesbaden: Springer VS, 201–210. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36508-0_18
Sprenger, L. (2023): Er kommt! Nintendo macht Live Action-Kinofilm zu Zelda offiziell – Hier sind alle bekannten Infos. https://www.gamepro.de/artikel/zelda-live-action-film-offiziell,3403407.html (17.12.2023)
Vecchio, M.; Kharlamov, A.; Parry, G.; Pogrebna, G. (2018): The Data Science of Hollywood: Using emotional arca of movies to drive business model innovation in entertainment industries. https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1807/1807.02221.pdf (17.12.2023)
Wikipedia Foundation (o.D.). My Little Pony – Freundschaft ist Magie. https://de.wikipedia.org/wiki/My_Little_Pony_%E2%80%93_Freundschaft_ist_Magie (20.12.2023)