Fantasie – Warum Kinder sie zur Entwicklung brauchen
“Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.” Diese Worte stammen von dem Physiker Albert Einstein. Fantasie ist demnach endlos. Und tatsächlich brauchen und benutzen wir sie jeden Tag unbewusst. Was es damit genau auf sich hat und warum Fantasie vor allem für Kinder wichtig ist, zeigt der folgende Beitrag.
Was ist Fantasie
Fantasie ist eine Fähigkeit, ein anderes Wort wäre: Vorstellungskraft. Damit ist nicht (nur) gemeint, über Feen und Hexen nachzudenken, sondern beispielsweise konkrete Situationen, weiterzudenken. Wenn wir an einer Brücke stehen, die offiziell nicht mehr betreten werden darf, stellen wir uns sofort vor, was passieren würde, wenn wir sie dennoch benutzen, um schneller auf die andere Seite zu kommen. Fantasie hilft uns dementsprechend, Entscheidungen zu treffen.
Als Alltagsbegleiter steht sie außerdem unserem Gehirn zur Verfügung. Jede Sekunde nehmen wir über unsere Sinne Reize auf. Dies tun wir jedoch nicht mit allen Sinnen in der gleichen Geschwindigkeit und Qualität. Das Gehirn muss hier alle Reize sinnvoll zusammenfügen wie bei einem Puzzle, sodass sich ein Gesamtbild ergibt, mit dem es weiterarbeiten kann.
Fantasie ist somit in erster Linie ein Werkzeug, das wir für unser (Über-)Leben brauchen. Was Kinder noch durch Fantasie lernen und warum sie beim Fantasieren unterstützt werden sollten, wird im Folgenden aufgezeigt.
Wozu brauchen Kinder Fantasie?
Um die Welt zu entdecken, mit ihr klarzukommen und sie sich zu erklären, nutzen Kinder gerne das nicht Existente, das nicht Reale. Wenn sie ihre Arme schwingen, sind sie ein Vogel oder ein Schmetterling. Wenn sie den Backofen der Kinderküche anmachen, wollen sie einen Kuchen backen, genau wie Mama oder Papa in der richtigen Küche. Spielerisch stellen sie Situationen dar, die sie erlebt haben oder die ihnen Freude bereiten. Nach und nach lernen sie dadurch ihr Umfeld kennen und später obendrein die Realität und die Fantasiewelt voneinander abzugrenzen.
Im Alter von etwa drei Jahren bildet sich bei Kindern außerdem die Theory of Mind aus. Hierbei geht es darum, das Verhalten anderer Menschen nachvollziehen zu können. Sie entwickeln die Fähigkeit, Wünsche, Gedanken u.Ä. anderer zu verstehen. Es prägt das soziale Miteinander. Studien zufolge kann es sein, dass die Beschäftigung mit fantastischen Elementen zum Beispiel während des Spielens oder beim Lesen und Hören von Geschichten zur Bildung der Theory of Mind beiträgt. Kinder versetzen sich hier in verschiedene Situationen und Figuren, wodurch sie verschiedene Perspektiven einnehmen.
Fantasie ist demnach ebenso ein Empathiewerkzeug. Wir können nicht lediglich unsere Welt besser verstehen und leichter Entscheidungen treffen, wir können zudem verstehen, warum Menschen so handeln wie sie handeln.
Fantasie und freies Spiel
Wer die Fantasie der Kinder beflügeln möchte, sollte vor allem Zeit für freies Spielen zur Verfügung stellen. Spielen ist ein Grundbedürfnis von Kindern und in der UN-Kinderrechtskonvention festgehalten. Es ist Training für den Körper und die elementare Form des Lernens. Es hilft Kindern, Stress abzubauen und fördert ihre Kreativität. Kurz gesagt: Spielen ist essentiell.
Neben positiven Effekten wie dem Entgegenwirken von Bewegungsmangel und psychischer Verarbeitung von Erlebtem kann das Kind seiner Fantasie im Spiel freien Lauf lassen. Es kann sein, was es sein möchte und sich in einem geschützten Umfeld ausprobieren und dieses erkunden.
Im Spiel mit anderen lernen sie, sich durchzusetzen oder Kompromisse einzugehen. Das soziale Miteinander wird gefördert und gemeinsam entdecken Kinder wiederum neue Dinge und was sie gemeinsam erreichen können, was allein vielleicht nicht möglich ist.
Um Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen, sollte das magische Denken auf jeden Fall nicht als unwichtig oder unnötig abgetan werden. Mit Fantasie werden Kinder zu eigenständigen, empathiefähigen Erwachsenen, die sich später Dinge ausdenken oder bewirken können, von denen früher jemand gesagt hat, dass das nicht möglich sei.
Quellen und weiterführende Informationen
Arte G.E.I.E (2023): Wozu gibt es Fantasie?. https://www.arte.tv/de/videos/109818-009-A/wozu-gibt-es-fantasie/. (23.12.2023)
Birkholz, N. (2023): Warum wir den kindlichen Glauben an Fantasiewesen unterstützen dürfen. https://www.eltern.de/kleinkind/entwicklung/magisches-denken–die-fantasievolle-phase-der-kindheit-13515170.html. (23.12.2023)
Franz, M. (2017): 10 Gründe für freies Spielen in der Kita. kindergarten heute 47/10, 18-19.
Pohl, G. (2014): Kindheit – aufs Spiel gesetzt – Vom Wert des Spielens für die Entwicklung des Kindes. Berlin: Springer Spektrum.
von Troschke, L. (2023): Wie wir fantasievolle Kinder erziehen. https://www.eltern.de/familie-urlaub/familienleben/uebungen-und-rituale–wie-ihr-fantasie-bei-kindern-foerdern-koennt-13506586.html. (23.12.2023)
Weisberg, D. (2016): Wie Fantasie das Lernen beflügelt. https://www.spektrum.de/news/wie-fantasie-kindern-beim-lernen-hilft/1431798. (23.12.2023)