Der digitale Weihnachtstrubel: Wie wir den Zauber bewahren können
Der Zauber von Weihnachten in der digitalen Welt
Es ist der Zauber von Weihnachten, der uns alle Jahr für Jahr einholt: der Duft von frisch gebackenen Plätzchen, der Glanz der Lichterketten, das Rascheln von Geschenkpapier. Doch in einer zunehmend digitalisierten Welt verändert sich dieser Zauber grundlegend. Wir scrollen durch perfekt inszenierte Weihnachtsbilder auf Social Media, holen uns DIY-Ideen für die Deko auf Pinterest und streamen Weihnachtsfilme auf Knopfdruck. Doch was bleibt von den traditionellen Bräuchen? Wie können wir inmitten von Instagram-Feeds und Geschenkestress den Zauber von Weihnachten bewahren – oder vielleicht sogar neu entdecken?
DIY-Trends und die Herausforderung der Perfektion
Während traditionelle Bräuche oft in den Hintergrund treten, entstehen gleichzeitig neue Trends, die die Weihnachtszeit prägen – wie etwa die Faszination für Do-it-yourself-Ideen. DIY so weit das Auge reicht, egal ob auf Pinterest, Instagram oder YouTube – alle wollen uns zeigen, wie wir Weihnachtsdekorationen oder Weihnachtsgeschenke ganz einfach selber machen. So beeindruckend die Ideen im Internet auch aussehen, sie erzeugen bei den Nutzern oft Druck, diese Perfektion nachzuahmen. Denn verbrannte Plätzchen wird niemand posten. So bekommen wir ständig mit, was andere um uns herum machen und fühlen uns selbst so, als würden wir nicht hinterherkommen (DOMRADIO.DE, 2017). Diese ständige Vergleichbarkeit sorgt für zusätzlichen Druck – nicht nur bei der Deko, sondern auch bei der alljährlichen Herausforderung: den Geschenken.
Ach, die Geschenke – Weihnachten kommt doch wieder früher als gedacht. Aber warum eigentlich? Es ist doch jedem bekannt, wann Weihnachten ist. Medien zeigen oft idyllische Szenen mit festlich geschmückten Bäumen und strahlenden Kindern. Doch ist es nicht vielmehr so, dass gerade an Weihnachten häufig Konflikte aufkommen? Sind nicht unsere von Medien geprägten Erwartungen ganz anders als die Realität?
Digitale Medien und Traditionen: Der Balanceakt
Digitale Medien sind zu einem ständigen Begleiter geworden – auch an Heiligabend. Studien zeigen, dass die Nutzung sozialer Plattformen wie Instagram und TikTok an Feiertagen signifikant ansteigt (Innovators Choose Wonder, 2019). Während dies neue Möglichkeiten schafft, besondere Momente festzuhalten, stellt sich die Frage, wie sich diese Praxis mit dem traditionellen Wunsch nach Ruhe und Besinnlichkeit vereinbaren lässt. Damit diese digitalen Möglichkeiten nicht die Besinnlichkeit der Feiertage überlagern, ist es umso wichtiger, bewusste Entscheidungen für den Umgang mit Technologie zu treffen. Eine klare Kommunikation im Vorfeld kann helfen, Erwartungen zu klären. Eltern könnten beispielsweise vereinbaren, an Heiligabend auf Handys zu verzichten und den Fokus auf gemeinsame Zeit legen.
Traditionen bewahren: Was zählt wirklich?
Neben dem Umgang mit digitalen Medien spielt auch die Pflege von Traditionen eine entscheidende Rolle, um den wahren Geist von Weihnachten zu bewahren. Kennen die Kinder noch das Christkind und den wahren Grund von Weihnachten oder nur noch den Weihnachtsmann? Ich finde es wichtig, die wahre Bedeutung noch zu kennen und nicht aus dem Auge zu verlieren. Christus ist geboren, Gottes Sohn. Auch wenn nicht alle daran glauben, sollte man doch wissen, wen und warum man an Weihnachten feiert.
Traditionelle Rituale wie das Anschauen von Filmklassikern werden zunehmend mit neuen Technologien kombiniert. So können Familien an Weihnachten nun auch über Distanzen verbunden sein oder zusammen Filme anschauen. So kann aus einer Tradition auch Neues entstehen oder sich weiterentwickeln.
Eine der beständigsten Traditionen bleibt das Schenken – ein Ritual, das Freude und Herausforderungen zugleich bereithält. Jeder weiß, dass zu Weihnachten Geschenke erhalten, aber auch verschenkt werden. Schenken ist seit jeher eine soziale Handlung. Sie bereitet nicht nur Freude, sondern kann auch Frust und Ratlosigkeit mit sich bringen. Im Schnitt gibt ein*e Deutsche*r 281 € für Weihnachtsgeschenke aus (Statista 2021). Kein Wunder, dass die Einzelhändler davon profitieren und die Wirtschaft zu dieser Zeit angekurbelt wird. Trotz der Überflussgesellschaft und des Wohlstandes hat die Bedeutung des Schenkens nicht abgenommen. Schenken ist ein Prozess, welcher sowohl beim Geber als auch beim Empfänger starke Emotionen auslösen kann.
Was macht ein Geschenk aus?
In der Sozialpsychologie versteht man unter Geschenken freiwillige Gaben, die ohne die Erwartung einer direkten Gegenleistung überreicht werden (Stauss, 2021). Ein perfektes Geschenk zu finden, stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Es sollte nicht nur begeistern und überraschen, sondern auch luxuriös und einzigartig sein und über das Notwendige hinausgehen. Zusätzlich muss es sowohl den Wünschen des Empfängers als auch dem Anlass und der Beziehung zwischen den Beteiligten gerecht werden. Kurz gesagt: Es müssen eine Menge hohe Erwartungen erfüllt werden. Kein Wunder, dass der Druck, das perfekte Geschenk zu finden, sich schnell aufbaut. Diese Vielzahl an Anforderungen zeigt, dass Schenken weit mehr ist als ein einfacher Austausch von Gaben – es ist ein vielschichtiger Prozess.
Die Phasen des Schenkens
Der Prozess des Schenkens lässt sich in drei Phasen unterteilen:
- Vorbereitung: Der Geber denkt über das Geschenk nach, wägt Alternativen ab und setzt den finanziellen Rahmen.
- Übergabe: Der Moment, in dem das Geschenk überreicht wird. Hier geht es um die emotionale Wirkung, wie der Empfänger das Geschenk erhält und reagiert.
- Verwendung: Im besten Fall nutzt oder genießt der Empfänger das Geschenk, was zu einer langfristigen Wertschätzung führt. Es kann jedoch auch vorkommen, dass der Empfänger unsicher ist, wie er das Geschenk nutzen soll.
In diesem Beitrag konzentriere ich mich auf die erste Phase – die Vorbereitung. In der sich der Geber wie oben beschrieben Gedanken macht. Aber auch der Empfänger kann hier interagieren, indem er Wünsche indirekt oder direkt äußert und Signale bezüglich der Geschenkerwartung gibt (Stauss, 2021).
Die Theorie mag einfach sein, doch oft treten bei der Vorbereitung in der Praxis bereits negative Gefühle wie Ratlosigkeit oder Zweifel auf. Besonders empathische und beziehungsorientierte Menschen empfinden in dieser Phase häufig größere Freude, da sie sich intensiv in die Perspektive des Beschenkten hineinversetzen. Schon allein die Vorstellung, mit dem Geschenk eine positive Reaktion hervorzurufen, kann bei ihnen Vorfreude auslösen (Stauss, 2021). Allerdings bedeutet diese emotionale Investition oft auch einen erhöhten Aufwand an Überlegungen und Planung. So wird klar: nicht alle Geschenke sind gleich, sie können sich stark hinsichtlich ihres finanziellen oder emotionalen Wertes unterscheiden.
Was ein Geschenk wirklich wertvoll macht
Wie bestimmen wir also den Wert eines Geschenks? Häufig entscheidet der emotionale Wert darüber, wie sehr sich der Empfänger freut. Das Geschenk sollte angemessen und nicht zu teuer sein, da ein zu hoher materieller Wert den Beschenkten unter Druck setzen kann (Stauss, 2021). Er könnte sich verpflichtet fühlen, ein ebenso wertvolles Geschenk zurückzugeben, was Schuldgefühle oder Stress auslöst. Zudem wird ein teures Geschenk nicht gleich als Ausdruck tiefer Zuneigung wahrgenommen. Studien belegen diesen Ansatz: Laut Flynn und Adams (2009) werden gut durchdachte Geschenke, die die Bedürfnisse und Wünsche des Empfängers berücksichtigen, weitaus mehr geschätzt als kostspielige Präsente.
Wichtiger als der Preis ist die erkennbare Absicht hinter dem Geschenk. Zudem sind Überraschungen und Geschenke, welche Mühe und Opfer erfordern, sehr angesehen bei den Beschenkten. Ein gutes Geschenk ist also individuell für den Empfänger oder die Empfängerin ausgewählt. Im Fokus sollte stets die Person stehen, für die das Geschenk gedacht ist, und nicht die eigenen Vorlieben.
Wünsche, die vom Beschenkten geäußert werden, sollten nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Studien zeigen, dass Empfänger*innen den Erhalt des Gewünschten mehr schätzen als unerwartete Alternativen (Gino & Flynn, 2011). Besonders in weniger engen Beziehungen ist es ratsam, geäußerten Wünschen zu folgen, da dies die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Geschenk positiv wahrgenommen wird. Dabei spielt insbesondere die Berücksichtigung individueller Wünsche eine entscheidende Rolle – ein Aspekt, der bei Kindern besonders deutlich wird.
Wunschzettel: Zwischen Fantasie und Realität
Für Kinder spielt die Erfüllung ihrer Wünsche eine besonders große Rolle. Der Wunschzettel wird mit viel Mühe geschrieben, während sie schon in Fantasie und Vorfreude eintauchen. Wird das gewünschte Geschenk nicht überreicht, kann Enttäuschung auftreten, auch wenn ein anderes Geschenk gut gemeint ist. Die Erfüllung des Wunsches löst Begeisterung bei Kindern aus. Wenn dann noch eine Überraschung hinzu kommt, verstärkt sich die Begeisterung zusätzlich. (Stauss, 2021). Kinder verknüpfen ihre oft hohen Erwartungen an Weihnachten eng mit den erfüllten Wünschen, deshalb sollte man sich bemühen, diese möglichst zu erfüllen. Um Enttäuschungen zu vermeiden, empfiehlt es sich zudem, im Vorfeld mit Kindern über realistische und umsetzbare Wünsche zu sprechen.
Geschenketrends und gesellschaftliche Erwartungen
Besonders ältere Kinder bevorzugen zunehmend Geldgeschenke. Geldgeschenke und Gutscheine haben sich in den letzten Jahren zu einer immer beliebteren Alternative entwickelt. Dieser Trend spiegelt eine zunehmende Pragmatik in der Gesellschaft wider, die die Zeit- und Gedankenersparnis solcher Geschenke schätzt. Gleichzeitig genießen Empfänger*innen die Freiheit, sich genau das zu kaufen, was sie benötigen oder wünschen (Stauss, 2021). Allerdings mangelt es solchen Geschenken oft an emotionaler Tiefe und dem symbolischen Wert, der traditionelle Präsente auszeichnet. Geld und Gutscheine vermitteln oft wenig von der Beziehung zwischen Geber*in und Empfänger*in und bieten kaum Erinnerungswert (Flynn & Adams, 2009).
Interessanterweise unterliegt das Schenken von Geld bestimmten sozialen Konventionen: Während es akzeptiert ist, dass Großeltern ihren Enkeln Geld schenken, gilt dies umgekehrt als unüblich. Auch unter Partnern kann ein Geldgeschenk problematisch sein, da es die Beziehung in ein unausgeglichenes Licht rücken könnte. Deshalb gilt, „wer Geld schenkt, sollte in Bezug auf Alter und/oder Status überlegen sein“ (Stauss, 2021, S. 163). Allerdings kann der symbolische Akt des Schenkens, wie das Einpacken und feierliche Überreichen eines Geschenks, nicht durch einen Umschlag mit Geld oder einen Gutschein ersetzt werden. (Stauss, 2021).
Besinnlichkeit, Tradition und digitale Medien ausbalancieren
Weihnachten ist für viele Menschen mit hohen Erwartungen verbunden – sei es durch gesellschaftliche Normen, familiäre Traditionen oder die idealisierte Darstellung der „perfekten Weihnacht“ in sozialen Medien. Diese Vorstellungen können Druck erzeugen, der sich negativ auf die Feiertage auswirkt. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, realistische Erwartungen zu setzen und offen über Wünsche und Bedürfnisse zu kommunizieren. Der Fokus sollte nicht auf Perfektion liegen, sondern auf kleinen, erfüllenden Momenten.
Ständig online zu sein kann nicht nur Erwartungen schüren, sondern auch von den wesentlichen Dingen ablenken. Eine bewusste, medienfreie Zeit während der Feiertage fördert die Nähe zu Familie und Freunden. Absprachen wie feste „Offline-Zeiten“ schaffen Raum für Gespräche und gemeinsame Aktivitäten. Initiativen wie der digitale Adventskalender mit spirituellen Inhalten zeigen, dass moderne Medien traditionelle Werte ergänzen können (DOMRADIO.DE, 2017).
Weihnachten ist nicht nur ein Fest des Gebens, sondern auch eine Gelegenheit, innezuhalten und Ruhe zu finden. Um den Feiertagen mehr Besinnlichkeit zu verleihen, hilft es, Hektik bewusst zu vermeiden – zum Beispiel durch weniger To-do-Listen oder das Delegieren von Aufgaben. Ein Besuch in einem Weihnachtsgottesdienst oder das bewusste Danken für das vergangene Jahr kann Weihnachten zu einem Moment der Einkehr machen. Auch Rituale wie das Anzünden von Kerzen oder ein Spaziergang in der Natur können helfen, die festliche Stimmung auf eine tiefere Ebene zu bringen.
Traditionen verleihen den Feiertagen Struktur und schaffen Vertrautheit und Verbindung. Familiäre Rituale wie das Schmücken des Baums, das Singen von Weihnachtsliedern oder das Vorlesen von Geschichten stärken die Gemeinschaft (DOMRADIO.DE, 2017). Sowohl Kinder als auch Erwachsene profitieren davon, wenn Aktivitäten wie gemeinsames Kochen oder Basteln bewusst gepflegt werden. Diese Traditionen schaffen wertvolle Erinnerungen. In einer Zeit, in der vieles schnelllebig und digital ist, bieten solche analogen Momente einen bleibenden Wert und verleihen Weihnachten so seine einzigartige Bedeutung.
Quellen und weiterführende Informationen
DOMRADIO.DE. (2017, 23. Dezember). Wie die digitalen Medien den Umgang mit Weihnachten verändern. domradio.de. https://www.domradio.de/artikel/wie-die-digitalen-medien-den-umgang-mit-weihnachten-veraendern
Flynn, F. J. & Adams, G. S. (2009). Money can’t buy love: Asymmetric beliefs about gift price and feelings of appreciation. Journal Of Experimental Social Psychology, 45(2), 404–409. https://doi.org/10.1016/j.jesp.2008.11.003
Gino, F. & Flynn, F. J. (2011). Give them what they want: The benefits of explicitness in gift exchange. Journal Of Experimental Social Psychology, 47(5), 915–922. https://doi.org/10.1016/j.jesp.2011.03.015
Innovators choose Wonder. (2019). https://start.askwonder.com/insights/social-media-usage-during-holidays-people-posting-vwyfvyb8y
Statista (2021) Weihnachtsgeschäft in Deutschland. study_id7662_weihnachten_statista-dossier.pdf. Zugegriffen: 08.Febr. 2021
Stauss, B. (2021). Das perfekte Geschenk. In Springer eBooks. https://doi.org/10.1007/978-3-662-63620-6