Kinderfernsehen als Auslaufmedium?
Die Medienlandschaft hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten massiv verändert. Sowohl das Internet als auch das allzeit verfügbare Smartphone sind heutzutage dauerhafte Begleiter des Alltags des Großteils deutscher Bürger*innen. Auch unter den Nutzergruppen der Kinder und Jugendlichen lassen sich anhand mehrerer Studien zum Thema Mediennutzung bedeutende Veränderungen im Nutzungsverhalten feststellen. Ein Verlierer scheint hierbei auf den ersten Blick klar festzustehen: Das klassische Fernsehen verliert stark an Bedeutung. Es stellt sich die Frage: Ist Kinderfernsehen ein Auslaufmedium?
Weniger TV-Konsum bei Kindern
Laut einer Analyse der Fernsehnutzung Drei- bis 13-Jähriger im Jahr 2021, erschienen in der Zeitschrift Media Perspektiven, haben Nutzungszeiten des TVs bei allen Altersgruppen durchweg abgenommen. Die Sehdauer der betrachteten Gruppe in Minuten pro Tag beschreibt einen Rückgang von ca. 52 % seit dem Jahr 1995, von damals 95 Minuten zu 46 Minuten pro Tag im Jahr 2021. Sehdauer als Kenngröße umfasst dabei die Summe des gesamten TV-Konsums der entsprechenden Gruppe geteilt durch die gesamte Größe der Gruppe; es sind also hierbei auch jene Kinder enthalten, die zeitweise überhaupt kein Fernsehen schauen.
Die Verweildauer hingegen rechnet jene Kinder heraus, sodass diese Kenngröße den tatsächlichen Konsum der Zuschauenden besser abbildet. Diese Messgröße verzeichnet in den letzten 26 Jahren ebenfalls einen starken Rückgang, der mit -53 Minuten pro Tag absolut noch höher ausfällt als jener der Sehdauer. Relativ gesehen bedeutet dies einen Rückgang von ungefähr einem Drittel, von 152 Minuten pro Tag im Jahr 1995 auf 99 Minuten pro Tag im Jahr 2021. Sowohl Verweil- als auch Sehdauer des klassischen Fernsehprogramms nehmen also stetig und dauerhaft ab.
Smartphone statt TV?
In der KIM-Studie 2020 (Kindheit, Internet, Medien) des Forschungsverbundes Südwest finden sich zunächst mögliche Erklärungen für diese Entwicklung. Im Jahr 2020 gaben Kinder laut den Autor*innen zum ersten Mal an, das Smartphone eher allein zu nutzen als den Fernseher. Zudem steigt auch die Zahl jener jungen Nutzer*innen, die zumindest hin und wieder ein Tablet nutzen. Es liegt nahe, dass die Nutzung dieser Geräte auf Kosten der Nutzungszeit des klassischen Fernsehens geht.
Die Befragung der Kinder zum Fernsehen in dieser Studie scheint dies zunächst jedoch in Frage zu stellen, denn laut Angaben der befragten Kinder schauen 70 % jeden oder fast jeden Tag fern, während weitere 24 % mehrmals pro Woche TV-Programm konsumieren. Zu beachten ist hierbei, dass der Verbreitungsweg bei dieser Befragung nicht berücksichtigt wurde; das Streamen von Fernsehprogrammen über internetfähige Geräte ist somit ebenso inbegriffen wie das klassische Fernsehen über ein TV-Gerät.
Bedeutung des Kinderfernsehens in der Zukunft
Die Antworten der Kinder bezüglich ihrer Nutzung von Fernsehprogrammen zeigt klar, dass das Fernsehen, sei es über analoge oder andere Kanäle, immer noch einen großen Stellenwert in der Freizeitgestaltung von Kindern einnimmt. Sollten sich jedoch aktuelle Trends zur tatsächlichen Nutzungsdauer fortsetzen, wird die Bedeutung des Fernsehens im Vergleich zu anderen Medien stetig abnehmen. Besonders digitale Geräte wie Smartphones und Tablets scheinen dem Fernsehen hierbei zukünftig die größte Konkurrenz zu machen.
Quellen und weiterführende Informationen
Feierabend, S.; Scolari, J. (2022): Was Kinder sehen. Analyse der Fernsehnutzung Drei- bis 13-Jähriger 2021. Media Perspektiven 2022/1, 177-191. https://www.ard-media.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2022/2204_Feierabend_Scolari.pdf (10.10.2022)Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2021). KIM-Studie 2020. https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/KIM/2020/KIM-Studie2020_WEB_final.pdf (10.10.2022)