KIM-Studie 2024

Seit 25 Jahren untersucht die KIM-Studie (Kindheit, Internet, Medien) regelmäßig, wie Kinder in Deutschland Medien nutzen und wie sich ihr Alltag durch die digitalen Angebote verändert. Herausgegeben wird die Studie vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs), der mit der aktuellen Erhebung aus dem Jahr 2024 bereits die 15. Ausgabe dieser Langzeitstudie vorlegt. Sie verfolgt das Ziel, ein möglichst genaues Bild vom Medienverhalten von Kindern im Alter zwischen sechs und 13 Jahren wiederzugeben und dabei nicht nur Trends aufzuzeigen, sondern auch die Veränderungen im familiären und gesellschaftlichen Umfeld sichtbar zu machen. Die Ergebnisse basieren auf einer repräsentativen Stichprobe von insgesamt über 1.200 Kindern und deren Erziehungspersonen (KIM-Studie, 2024).
Neben bewährten Themenfeldern wie der Fernsehnutzung, dem Gaming oder des Smartphone-Gebrauchs rückt die KIM-Studie 2024 auch neue Schwerpunkte in den Fokus, darunter den Umgang mit Künstlicher Intelligenz in der Schule, sowie das Informationsverhalten der Kinder bezüglich unterschiedlicher Themen.
Internetnutzung bei Kindern nimmt deutlich zu
Die KIM-Studie 2024 zeigt deutlich: Kinder nutzen das Internet nicht nur regelmäßig, sondern auch immer intensiver – und das bereits im Grundschulalter. Besonders stark ist die Zunahme der täglichen Nutzung bei den Acht- bis Neunjährigen. Zwar bleibt die Gesamtzahl der Kinder, die online sind, im Vergleich zu den Vorjahren relativ stabil, doch der Anteil derjenigen, die das Internet täglich nutzen, ist auf 54 % gestiegen. Vor zwei Jahren waren es noch sieben Prozent weniger. Mit dem Alter steigt auch die Bedeutung des Internets im Alltag: Während bei den Sechs- bis Siebenjährigen nur etwa ein Fünftel (21%) täglich online ist, sind es bei den Zehn- bis Elfjährigen bereits 69 % (KIM-Studie, 2024).
Zudem hat fast jedes zweite Kind heute ein eigenes Smartphone, wodurch sich das Gerät zu einem wichtigen Teil des kindlichen Alltags etabliert hat. Viele bringen ihr Handy auch mit in die Schule: Etwa drei Viertel (77%) der Kinder ist dies erlaubt. Doch dort ist die Nutzung meist streng reglementiert. Für 63% ist die Nutzung meistens nur in den Pausen erlaubt, für etwa jedes fünfte Kind (22%) ist das Smartphone an der Schule überhaupt nicht erlaubt. 13% macht den Anteil derjenigen aus, die das Smartphone im Unterricht gezielt benutzen dürfen, wohingegen nur drei Prozent ihr Smartphone jederzeit verwenden dürfen (KIM-Studie, 2024).
Frühzeitige und intensive Nutzung sozialer Medien durch Kinder
Besonders bemerkenswert ist, wie selbstverständlich Kinder mit den sozialen Medien umzugehen scheinen, deren Verwendung ursprünglich nicht für diese Altersgruppe gedacht ist. Denn obwohl die meisten sozialen Netzwerke laut Nutzungsbedingungen erst ab 13 Jahren erlaubt sind, zeigen die aktuellen Zahlen der KIM-Studie, dass viele Kinder deutlich früher aktiv werden. So gehört etwa WhatsApp (Mindestalter: 13 Jahre) für fast drei Viertel (73 %) der internetnutzenden Kinder zwischen sechs und 13 Jahren zur wöchentlichen Routine, und auch TikTok (Mindestalter: 13 Jahre) wird von 42 % regelmäßig genutzt (KIM-Studie, 2024).
EU-weit bestehen bereits Überlegungen, einheitliche Alterskontrollen einzuführen, auch wenn die technischen Möglichkeiten zur sicheren Überprüfung des Alters derzeit noch begrenzt sind. In Australien gilt seit dem letzten Jahr das Verbot für die Social-Media-Nutzung unter 16 Jahren, um Kinder besser vor Gewalt, Mobbing und süchtig machenden Inhalten zu schützen. Auch in Europa wächst die Diskussion: In Frankreich müssen Kinder unter 15 Jahren inzwischen die Zustimmung ihrer Eltern einholen, bevor sie ein Konto anlegen dürfen. In Deutschland dürfte sich der Bundestag ebenfalls mit der Frage nach einem Mindestalter für Social Media beschäftigen, da die Petition „Smarter Start ab 14“ die notwendige Anzahl an Unterschriften erhalten hat (Schmid & Feld, 2025).
Im Rahmen der Media Night 2025 wurde an der Hochschule der Medien Stuttgart, an der das Institut für angewandte Kindermedienforschung angesiedelt ist, eine Umfrage zur Haltung gegenüber einem Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige durchgeführt. Die Ergebnisse wiesen zumindest hier mit 78 % auf ein eindeutiges „Ja!“ hin.
Streaming statt Sender? Der Bewegtbildkonsum von Kindern im Wandel
Trotz der wachsenden Bedeutung digitaler Medien bleibt das klassische Fernsehen weiterhin ein fester Bestandteil im Alltag vieler Kinder: 92 % der Sechs- bis 13-Jährigen sehen mindestens einmal pro Woche fern, zwei Drittel (67%) sogar täglich. Doch neben dem linearen Fernsehen gewinnen auch Mediatheken, YouTube und vor allem Streamingdienste an Bedeutung. So zählt Netflix inzwischen zu den beliebtesten Plattformen für Filme und Serien bei Kindern mit einem deutlichen Zuwachs von 13 Prozentpunkten gegenüber 2022 (KIM-Studie, 2024). In der KIM-Studie 2024 wird Netflix erstmals von den meisten Kindern als bevorzugte Bewegtbildquelle genannt (21 %), noch vor KiKA (14 %) und YouTube (11 %).
Auffällig ist dabei vor allem der Strukturwandel: Inhalte werden heute verstärkt individuell ausgewählt und weniger über klassische TV-Programme konsumiert. Diese Entwicklung bringt neue Herausforderungen mit sich: Während öffentlich-rechtliche Sender wie KiKA mit ihren kindgerechten und werbefreien Inhalten weiterhin eine verlässliche Orientierung bieten, müssen Eltern und Pädagog*innen zunehmend darauf achten, wie Kinder Inhalte auf offenen Plattformen wie YouTube wahrnehmen. Dort sind altersgerechte Videos oft direkt neben ungeeigneten oder schwer einzuordnenden Formaten zu finden (LFK, 2025).
Wie lässt sich hier also sicherstellen, dass Kinder auf Plattformen wie YouTube oder Netflix tatsächlich altersgerechte Inhalte konsumieren – und wer trägt dafür die Verantwortung? Reichen gesetzliche Vorgaben aus, um Kinder zu schützen, oder braucht es strengere Regulierungen, gerade im Hinblick auf (Schleich-)Werbung und algorithmisch gesteuerte Empfehlungen? Eine wirksame Medienkompetenzförderung scheint zunehmend an Bedeutung zu gewinnen, um Kinder bei der sicheren und bewussten Nutzung digitaler Angebote zu unterstützen.
Künstliche Intelligenz privat und in der Schule
In der Lebenswelt von Kindern spielt die KI laut der aktuellen KIM Studie bisher kaum eine Rolle – vor allem nicht in der Schule. Nur sieben Prozent der Kinder nutzen KI-Tools wie Chatbots regelmäßig zur Vorbereitung auf den Unterricht. Elf Prozent geben an, dass KI auch im Unterricht selbst eingesetzt wird (KIM-Studie, 2024).
In der Altersgruppe der 12- bis 15-Jährigen, also genau jener Altersgruppe, die an die in der KIM-Studie untersuchten Kinder angrenzt, sind es laut der JIM Studie 2024 bereits 58 %, die KI für ihre Hausaufgaben benutzen (JIM Studie, 2024). Dabei scheint die KI hauptsächlich in eigenständiger Bearbeitung von den Schüler*innen verwendet zu werden, als dass der Einsatz im Unterricht durch eine Lehrkraft erfolgt.
Laut den Ergebnissen einer 2024 durchgeführten Umfrage der Vodafone Stiftung äußerten sich 71% der Befragten dazu, dass der Einsatz von KI im schulischen Alltag bislang die Ausnahme sei, obwohl gleichzeitig 58 % den Wunsch äußerten, KI stärker in den Unterricht zu integrieren (Vodafone Stiftung, 2024). Zwar konzentrierte sich die Vodafone-Studie auf Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren, dennoch liefern die Erhebungen wichtige Hinweise auf denselben Trend: Künstliche Intelligenz scheint im Klassenzimmer selbst nach wie vor eine untergeordnete Rolle zu spielen – und das über alle Altersgruppen hinweg.
Diese Erkenntnisse werfen Fragen auf: Warum wird dieses Zukunftsthema noch so selten eingebunden? Da KI unsere Gesellschaft künftig stark prägen wird, erscheint es fragwürdig, dass sie bisher kaum Diskussion in der schulischen Bildung behandelt wird. Fehlt das nötige (technisch/pädagogische) Wissen bei den Lehrkräften, um Kinder bei der Nutzung von KI zu begleiten – oder ist die Schule generell (noch) nicht bereit für den Umgang mit KI? Es bleibt spannend, wie die Ergebnisse der KIM Studie 2026 in Bezug auf die Nutzung von KI im privaten und schulischen Kontext abschneiden werden.
Freizeitgestaltung
Die Studienergebnisse zeigen, dass Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren nach wie vor regelmäßig klassischen Freizeitaktivitäten wie dem Treffen mit Freund*innen (94 %), Fernsehen (94 %) oder dem Erledigen von Hausaufgaben oder Lernen (91 %) nachgehen. Auch das freie Spielen bleibt mit etwa 85 % eine bedeutende Tätigkeit, sowohl drinnen als auch draußen (KIM-Studie, 2024). Zudem unternehmen fast drei Viertel der Kinder mindestens wöchentlich etwas mit ihrer Familie oder den Eltern. Dennoch ist zu beachten, dass die Mediennutzung ebenfalls einen erheblichen Teil der Freizeitgestaltung ausmacht. So ist die regelmäßige Nutzung von Videos, Filmen oder Serien im Internet im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozentpunkte gestiegen (70 %), und auch die Handynutzung hat zugenommen. Die Internetnutzung wird von 62 % der Kinder regelmäßig genutzt. Im Gegensatz dazu ist die Lesehäufigkeit rückläufig: Sowohl das regelmäßige Lesen von Comics (–8 %) als auch von Büchern (–4 %) ist laut KIM-Studie 2024 gesunken.
Die Zahlen verdeutlichen, dass digitale Medien einen festen Platz im Alltag der Kinder haben. Diese Entwicklungen werfen Fragen zur Balance zwischen digitalen und klassischen Freizeitaktivitäten auf. Angesichts der zunehmenden digitalen Nutzung zeigt sich erneut, wie wichtig eine gezielte Förderung der Medienkompetenz ist – eine Fähigkeit, die bereits 1995 von der Kultusministerkonferenz als Schlüsselqualifikation definiert wurde (Manzel, 2017). Laut der KIM Studie sehen Eltern mit 77 % die Vermittlung hinsichtlich Medienkompetenz zunächst im Elternhaus selbst, jedoch wünschen sich gleichzeitig 81 % eine Vermittlung in der Schule im Sinne eines Schulfaches „Medienkompetenz“ (KIM-Studie, 2024). Diese Zahlen verdeutlichen, dass sich Eltern eine stärkere Unterstützung durch eine intensivere Einbindung in der Schule wünschen und die Bildungseinrichtungen als wichtige Partner in der Medienerziehung ansehen. Ob und in welchem Umfang Bildungseinrichtungen dieser Rolle gerecht werden, wird sich in der weiteren Entwicklung zeigen.
Quellen und weiterführende Informationen
Landesanstalt für Kommunikation (2025): KIM-Studie 2024 veröffentlicht. Online unter https://www.lfk.de/service/presse/kim-studie-2024-veroeffentlicht . (Abgerufen am 07.06.2025)
Manzel, Sabine (2017): Medienkompetenz als eine Schlüsselkompetenz für politische Urteils- und Handlungsfähigkeit. In: H. Gapski, M. Oberle & W. Staufer (Hrsg.): Medienkompetenz – Herausforderung für Politik, politische Bildung und Medienbildung, 207-217.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2024): JIM-Studie 2024. Online unter https://mpfs.de/studie/jim-studie-2024/ . (Abgerufen am 09.06.2025)
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2024): KIM-Studie 2024. Online unter https://mpfs.de/app/uploads/2025/05/KIM-Studie-2024.pdf . (Abgerufen am 07.06.2025)
Schmid, Kathrin; Feld, Christian (2025): Social Media in der EU bald erst ab 16? Online unter https://www.tagesschau.de/ausland/europa/social-media-alter-eu-100.html . (Abgerufen am 07.06.2025)
Vodafone Stiftung (2024): Pioniere des Wandels. Wie Schüler:innen KI im Unterricht nutzen möchten. Online unter https://www.vodafone-stiftung.de/wp-content/uploads/2024/03/Pioniere-des-Wandels-wie-Schueler-innen-KI-im-Unterricht-nutzen-wollen-Jugendstudie-der-VS-2024.pdf (Abgerufen am 09.06.2025)