Weihnachtswerbung und ihre Auswirkung auf Kinder
Weihnachten gilt als eine Zeit der Besinnung und des Miteinanders, doch in der modernen Konsumgesellschaft wird dieser Gedanke häufig von kommerziellen Interessen überschattet. Werbetreibende nutzen die Vorweihnachtszeit intensiv zur Umsatzmaximierung, was insbesondere Kinder in den Fokus rückt.
Umsatzmaximierung statt Besinnlichkeit
Weihnachten sollte eigentlich eine besinnliche Zeit sein, doch die Realität sieht oft anders aus. Die festliche Jahreszeit hat in der Konsumgesellschaft eine zunehmend kommerzielle Bedeutung erhalten, wobei Kinder mittlerweile zur Hauptzielgruppe der Werbetreibenden geworden sind. Eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus dem Jahr 2023 zeigte, dass Familien mit Kindern beabsichtigen, ihr Weihnachtsbudget zu maximieren. Im Durchschnitt planten Familien, 436 Euro für Weihnachtsgeschenke auszugeben (Kirchner, 2023). Die verstärkte TV-Werbung spielt dabei eine wichtige Rolle, indem sie Kindern die neuesten Spielsachen, wie etwa teure Konsolen, vorstellt. Diese Werbung steigert den Druck auf Eltern, ihren Kindern teure Wünsche zu erfüllen, die diese aus der Werbung kennen (Neiber, o.D.).
Kinder als zentrale Zielgruppe für Werbetreibende
Kinder haben sich zu einer zentralen Zielgruppe für Werbetreibende entwickelt, da sie sowohl als zukünftige Konsument*innen als auch Einflussnehmer*innen auf ihre Eltern von Bedeutung sind. Sie beeinflussen Konsumentscheidungen, indem sie einerseits beim Einkaufen die Auswahl von Produkten mitbestimmen, andererseits spielen sie auch eine indirekte Rolle, da Eltern oft auf die Vorlieben ihrer Kinder eingehen und Produkte kaufen, die diesen gefallen oder schmecken (Naderer/Matthes, 2016, S. 689).
Um die jungen Rezipient*innen zu erreichen, nutzen Werbetreibende intensive Taktiken wie Jingles, Animationen und beliebte Charaktere. Diese Elemente sprechen direkt die Medienvorlieben der Kinder an und ziehen sie in ihren Bann (Naderer/Matthes, 2016, S. 690). Eine große Gefahr geht dabei von den persuasiven Botschaften aus: Da Jüngere diese oftmals unreflektiert verarbeiten, sind sie dafür besonders empfänglich (Naderer/Matthes, 2016, S. 689).
Junge Kinder im Alter von unter 9 bis 10 Jahren sind im Allgemeinen einer größeren Gefahr ausgesetzt: Forschungsergebnisse zeigen, dass diese Altersgruppe noch nicht in der Lage ist, zwischen Programminhalten und kommerziellen Werbeinhalten zu unterscheiden, selbst wenn diese klar voneinander abgegrenzt sind. Das bedeutet, dass junge Kinder kreative, interaktive und werbliche Inhalte häufig als identisch wahrnehmen, da sie den Unterschied nicht erkennen können. Als Folge daraus entwickeln sich oft Konflikte in der Familie, da sich Eltern zu Käufen gezwungen sehen, die sie nicht wollen. Untersuchungen zeigen zudem, dass Kinder, welche aus unterprivilegierten Familien stammen und aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln keinen bezahlten Freizeitaktivitäten nachgehen können, einem überdurchschnittlich höheren Werbedruck ausgesetzt sind (Naumovska, 2021).
Digitale Werbung und Konsumverhalten
Das digitale Zeitalter hat vielen Kindern Zugang zum Internet, Smartphone und den sozialen Medien verschafft. Die miniKim-Studie aus dem Jahr 2023 ergab, dass neben den Bewegtbildoptionen von Streamingplattformen über Mediatheken bis zum klassischen Fernsehen 84 Prozent der Jungen und Mädchen im Alter zwischen zwei und fünf Jahren wöchentlich zumindest eines dieser Angebote nutzen (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2023, S. 10). Bei den sechs- bis 13-Jährigen sehen laut KIM-Studie aus dem Jahr 2022 92 Prozent mindestens wöchentlich, 67 Prozent sogar täglich fern (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, S. 83). Die JIM-Studie aus dem Jahr 2023, welche die Mediennutzung von 12- bis 19-Jährigen betrachtete, kam zu dem Ergebnis, dass das Smartphone mit 98 Prozent das meistgenutzte Gerät sei. 95 Prozent seien regelmäßig online, drei Viertel würde mindestens mehrmals pro Woche Fernsehen gucken und 71 Prozent nutzten regelmäßig Videostreaming-Dienste. Die Mediennutzung sowie deren Häufigkeit nimmt mit steigendem Alter zu (Forschungsverbund Südwest, S. 75).
Kinder greifen vor allem auf Plattformen wie Snapchat, Youtube, Tiktok sowie Instagram zurück. Diese unterliegen einer massiven Konfrontation mit Werbung, wodurch die Konsumwünsche der Rezipient*innen stark beeinflusst werden. Unternehmen machen sich dieses Wissen zunutze und investieren folglich bevorzugt in die digitale Werbung für Kinder. Die Prägung der Konsumgewohnheiten beginnt damit bereits in der Kindheit (Naumovska, 2021).
Die besondere Herausforderung bei Online-Werbung besteht vor allem darin, dass sie in verschiedenen Formen erscheint. Inhaltlich und gestalterisch kann diese sehr unterschiedlich und für Kinder teilweise schwer als Werbung zu identifizieren sein. Dabei laufen die jungen Rezipient*innen Gefahr, die Werbung versehentlich anzuklicken (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2014).
Leider wird von Kindern oft nicht erkannt, welche tatsächlichen Absichten die Werbetreibenden hegen und welches wirtschaftliche Interesse an den Daten der Nutzer*innen verfolgt wird, etwa die personalisierte Werbung oder die Weitergabe der Daten an Dritte (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2014). Im schlimmsten Fall können Klicks zu unerwünschten Handlungen verleiten und versteckte Werbeformen zu kostenpflichtigen Angeboten in App-Käufen oder zur unbewussten Abschließung von Abonnements führen (Schau hin!, o.D.).
Die Rolle von Influencer*innen in der Weihnachtswerbung
Die Rolle von Influencer*innen in der Weihnachtswerbung ist besonders problematisch, wenn es um Kinder geht. In der Vorweihnachtszeit nutzen viele Marken Influencer*innen, um ihre Produkte gezielt an jüngere Zielgruppen zu vermarkten. Besonders in sozialen Netzwerken wie Instagram und YouTube sind Influencer*innen für Kinder und Jugendliche oft Vorbilder und Idole. Sie stellen Weihnachtsgeschenke, Dekorationsideen oder Produkte in festlichem Kontext vor, was die Werbung oft weniger als solche erkennbar macht. Zudem ist oft unklar, ob und in welchem Maße Influencer*innen für die beworbenen Produkte von den Marken bezahlt werden. Häufig gibt es nur vereinzelt Hinweise darauf, dass es sich um einen „Sponsored Post“ oder eine „Anzeige“ handelt (Schau hin!, o.D.).
Ausblick
Wie können Kinder also vor den negativen Auswirkungen von Werbung geschützt werden? Eine frühe Aufklärung ist dabei das A und O.
Für die Jüngeren gilt es, früh zu lernen, zwischen Inhalten und Werbung zu unterscheiden und die Funktionsweise der Werbeindustrie zu verstehen.
Dabei können Eltern ihre Kinder unterstützen, etwa indem sie ihren Kindern beibringen, Werbung kritisch zu hinterfragen. Ratgeber, die von den Bundesministerien herausgegeben werden und die wichtigsten Fragen im Umgang mit Kindern und Werbung beantworten, leisten zudem Hilfestellung.
Eltern können zudem darauf achten, gemeinsam mit ihren Kindern Regeln zu vereinbaren, etwa, dass im Internet auf möglichst werbefreie Kinderseiten zurückgegriffen wird, oder, sollte man über Werbung auf kostenpflichtige Angebote oder ungeeignete Seiten stoßen, sich bei Problemen an die Eltern zu wenden.
Darüber hinaus sind bessere Regulierungen seitens der Medien und der Regierung notwendig, sowie internationale Standards zur Begrenzung der Werbeauswirkungen auf Kinder. Großbritannien, Griechenland, Belgien und Dänemark dienen bereits als Vorreiter für die Einschränkung von Werbung, die an Kinder adressiert ist. In Norwegen und Schweden ist zudem bereits ein Verbot von ungesunder Lebensmittelwerbung an Kinder unter zwölf Jahren in Kraft getreten (Nauovska, 2021).
Darüber hinaus können sich Eltern an folgende Beschwerdestellen wenden, sofern sich Websites nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten:
Deutscher Werberat: https://werberat.de/beschwerde/
jugendschutz.net : https://www.jugendschutz.net/ueber-uns/beschwerdeverfahren
Kommission für Jugendmedienschutz der Medienanstalten (KJM) : https://www.kjm-online.de/service/kontakt/
Quellen und weiterführende Informationen
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2014): Kinder und Onlinewerbung: Ein Ratgeber für Eltern. https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/kinder-und-onlinewerbung-89790. (25.11.2024)
Kirchner, C. (2023): Geschenke werden teurer – Konsumenten erhöhen Weihnachtsbudget. https://nielseniq.com/global/de/news-center/2023/geschenke-werden-teurer-konsumenten-erhohen-weihnachtsbudget/. (05.11.2024)
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2023): miniKIM-Studie 2023: Kleinkinder und Medien. https://mpfs.de/studie/minikim-2023/. (03.12.2024)
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2023): JIM-Studie 2023: Jugend, Information, Medien. https://mpfs.de/studie/jim-studie-2023/. (03.12.2024)
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2023): KIM-Studie 2022: Kindheit, Internet, Medien. https://mpfs.de/studie/kim-studie-2022/. (03.12.2024)
Naderer, B. & Matthes, J. (2016): Kinder und Werbung. In: G. Siegert; W. Wirth; P. Weber; J. A. Lischka (Hrsg.): Handbuch Werbeforschung. Wiesbaden: Springer, 689-712.
Naumovska, L. (2021): Die Schattenseiten der Weihnachtswerbung. https://www.elektroniknet.de/distribution/strategie-trends/die-schattenseiten-der-weihnachtswerbung.192489.html. (18.10.2024)
Neiber, J. (o.D.): Werbung zur Weihnachtszeit – Alle Jahre wieder. https://www.medienbewusst.de/ratgeber/werbung-zur-weihnachtszeit-alle-jahre-wieder/. (05.11.2024)
Schau hin! (o.D.): Online-Werbung – ein Risiko für Kinder? https://www.schau-hin.info/sicherheit-risiken/online-werbung-ein-risiko-fuer-kinder. (25.11.2024)