Sexismus in Kindermedien
Fußbälle, Blau, Abenteuer- und Piratengeschichten für die Jungs und Puppen, Rosa, Pferde- und Prinzessinnengeschichten für die Mädchen. Die Welt der Kindermedien kann so vielfältig sein und Kindern unvoreingenommen so viele spannende Inhalte vermitteln. Vor allem Geschichten, die von klein auf einen großen Teil unseres Lebens ausmachen, sei es in Form von vorgelesenen Büchern, Hörspielen, Filmen oder selbst ausgedachten Abenteuern, haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung von Denkmustern, ersten gesellschaftlichen Vorstellungen und der Sozialisierung von Kindern.
Gerade deshalb sollte es in der heutigen Welt selbstverständlich sein, Kindern auch innerhalb der Welt der Medien ein offenes und modernes gesellschaftliches Bild zu vermitteln. Immerhin wollen wir als Gesellschaft doch später auch selbstbewusste, starke Frauen sowie sensible, fürsorgliche Männer haben und Kindern von Klein auf zeigen, dass es in Ordnung ist, sich außerhalb der heutigen gesellschaftlichen Stereotype zu bewegen, zu werden, wer und was jede*r möchte, und unabhängig von Vorurteilen zu leben.
Natürlich muss dazugesagt werden, dass die Darstellung weiblicher und männlicher Figuren in der Kinderliteratur so oder so ähnlich auch in unserer Gesellschaft wiederzufinden und nicht in allen Fällen vollkommen realitätsfern sind. Außerdem bemüht sich die moderne Kinderliteratur inzwischen auch oft, diversere Figuren, Geschichten und Lebensumstände zu vermitteln.
Trotz allem finden sich auch heute noch zahllose Beispiele veralteter Geschlechterstereotypen, klassischer Familienformen und Rollenklischees in Kindermedien. Angefangen bei Werbung in bestimmten Farben, Büchern mit bestimmten Themen für das eine oder andere Geschlecht, oder auch in der Darstellung männlicher und weiblicher Figuren innerhalb der Kinderliteratur.
Einflüsse von Kindermedien auf Kinder
Gerade in den ersten Lebensjahren formen sich bei Kindern gedankliche Modelle zu gesellschaftlichen Themen und Selbstidentifikation. Damit ist gemeint, dass Kinder einerseits lernen, sich einem Geschlecht zugehörig zu fühlen, andererseits soziokulturelle Regeln und Werte verinnerlichen, die mit diesem verbunden sind, und beginnen, diese in ihrem Alltag umzusetzen. So werden Verhaltensmuster, die ihnen als für sie passend präsentiert werden, aufgegriffen.
Kindermedien bieten bei diesem Prozess der Orientierung eine Stütze für Kinder und können als Mittel zur Vermittlung sozialer Vorstellungen und Werte verwendet werden. Dass insbesondere der Einfluss von Geschichten und Büchern auf Kinder sehr groß ist und diese damit eine wichtige Rolle in ihrer Entwicklung spielen, ist inzwischen bekannt. Dabei besteht die Gefahr, dass auch veraltete Rollenbilder und Geschlechterstereotype von Kindern übernommen und verinnerlicht werden, die mit einer modernen Vorstellung von Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung nicht vereinbar sind.
Geschlechterungleichheit in der Kinderliteratur
Die Ungleichheit der Darstellung männlicher und weiblicher Figuren in der Kinderliteratur ist dabei sehr divers und erstreckt sich von der Darstellung bestimmter Berufe, Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften über die bloße Anzahl an Figuren eines bestimmten Geschlechtes: Zwei von drei Protagonist*innen der Kinderbuchliteratur sind männlich, gibt es zwei Protagonist*innen, so sind nur in 4 % der Fälle beide weiblich, während sie in 30% der Fälle beide männlich sind. Auch sind in der Kinderliteratur insgesamt deutlich weniger weibliche Figuren vorhanden als männliche.
Hinzu kommt, dass die weiblichen Figuren oft weniger divers dargestellt werden, in vielen Fällen hauptsächlich häusliche Arbeiten verrichten, eher wenig aktiv sind und in den Fällen, in denen sie berufstätig sind, was nur ungefähr halb so oft der Fall ist wie bei männlichen Charakteren, in „typisch weiblichen“ Berufen dargestellt werden. Erwachsene weibliche Figuren scheinen außerdem in den wenigsten Fällen nicht bloß in ihrer Rolle als Mutter dargestellt zu werden. Bei nichtmenschlichen Figuren nehmen weibliche Charaktere außerdem oft die Form von kleinen Tieren an. Im Gegensatz dazu werden männliche Figuren deutlich vielfältiger dargestellt und sind in Tierform in der Regel groß und stark.
Und während Frauen im heimischen Umfeld bleiben und sich um den Haushalt kümmern, erleben männliche Figuren Abenteuer, reisen und stellen Berufe vor. Eine Analyse der Süddeutschen Zeitung von Schlagworten, die für Kinderbücher vergeben wurden, zeigt, dass Kinderbücher, die sich speziell an Mädchen richten einen deutlich kleineren Umfang an Themengebieten beinhalten als Bücher für Jungen.
Beispiele aus Kindermedien
- In der Kinderbuchreihe Conni von Liane Schneider erlebt Conni hauptsächlich Geschichten aus dem Alltag. Beispielsweise hilft sie ihrer Mutter beim Staubsaugen, lernt backen oder geht mit ihr einkaufen, während sie mit ihrem Vater im Garten arbeitet oder zum Fußballtraining geht.
- Nicht nur sind Detektive und Piraten in Kinderbüchern hauptsächlich männlich, auch treten weibliche Nebencharaktere, wie beispielsweise in einigen Folgen der Drei ??? hauptsächlich dann in Erscheinung, wenn es darum geht, Proviant für die Abenteuer der Jungs bereitzustellen oder ähnliche Aufgaben auszuführen.
- Pferdebücher dagegen haben hauptsächlich die Zielgruppe Mädchen und beschäftigen sich oft mit Themen wie Freundschaft oder Liebe. Jungen werden bei der Vermarktung von den Verlagen in der Regel nicht angesprochen.
Vorstellung von Seiten, die zeigen, dass es auch anders geht
Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise die Seite Buuu.ch. Hierbei handelt es sich um einen Blog, auf dem diverse Kinderbücher ohne stereotypische Rollenbilder vorgestellt werden.
Pinkstinks ist ein für seinen Einsatz mehrfach ausgezeichnetes Online-Magazin, das Sexismus in Medien thematisiert und Aufklärungsarbeit leistet. Dies geschieht beispielsweise mit dem Projekt Schule gegen Sexismus, einer Plattform, auf der die Möglichkeit besteht, Fragen rund um das Thema Sexismus und Genderthemen zu stellen, mitzudiskutieren und Antworten von Genderforscher*innen und Journalist*innen zu bekommen.
Neben diesen Beispielen finden sich inzwischen zahlreiche Websites und Blogs, die sich mit der Kindermedienwelt in Bezug auf Geschlechterrollen auseinandersetzen, diese kritisch hinterfragen und gleichberechtigte Alternativen anbieten.
Quellen und weiterführende Informationen:
Brunner, K. (2019): Blaue Bücher, rosa Bücher.
https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/kultur/gender-wie-gleichberechtigt-sind-kinderbuecher-e970817/. (03.09.2021)
Buuu.ch (o. D.): Diverse Kinderbücher. https://buuu.ch/. (03.09.2021)
Elsen, H. (2018): Das Tradieren von Genderstereotypen. Interculture journal 1 7 / 3 0
Grigat, M. (2009): Rollenbilder in Bilderbüchern.
https://digibib.hs-nb.de/file/dbhsnb_derivate_0000000287/Bachelorarbeit-Grigat-2009.pdf. (03.09.2021)
Pinkstinks Germany e. V. (o. D.): Pinkstinks. https://pinkstinks.de/. (03.09.2021)
Pinkstinks Germany e. V. (o. D.): Schule gegen Sexismus. https://pinkstinks.de/schule-gegen-sexismus/das-projekt/. (03.09.2021)
Schnerring, A. (o. D.): Rosa vs. Blau: Mehr als ein Farbspiel.
https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/rosa-vs-blau-mehr-als-ein-farbspiel/. (03.09.2021)
Sexism and Science (2011): Sexism in children‘s literature.
https://antisexism.wordpress.com/2011/11/21/sexism-in-childrens-literature/. (03.09.2021)
Bildquellen
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