Good-Practice-Beispiel: Medienpädagogik in der KiTa UPHOF
Unsere Welt ist heute mehr denn je von digitalen Medien geprägt. Dies betrifft auch die allerkleinsten unserer Gesellschaft. Sie wachsen in unsere digitalisierte Welt praktisch selbstverständlich hinein und kommen von klein auf mit technischen Geräten in Kontakt. Nichtsdestotrotz ist für sie der Besitz von Medienkompetenzen genauso wichtig wie für alle anderen Altersgruppen. Laut einer Studie kommen Kinder durchschnittlich im Alter von einem Jahr zum ersten Mal in Kontakt mit digitalen Medien. Rund 72 Prozent der Null- bis Sechsjährigen nutzen internetfähige Geräte, um sich Videos oder Fotos anzuschauen, Musik zu hören oder Spiele zu spielen. Diese Zahlen zeigen, dass die Kinder auch im frühen Alter bereits Orientierungshilfen im Umgang mit digitalen Medien benötigen. Sie müssen an einen selbstbestimmten und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien herangeführt werden. Doch ist es nicht eher kontraproduktiv, Kinder auch noch vormittags in der Kita vor digitale Geräte zu setzen? Kann man Medien bei Kleinkindern überhaupt schon pädagogisch sinnvoll einsetzen? Die Antworten auf diese Fragen und Vieles mehr zum Thema Medienpädagogik in der Kita, werden im folgenden Blogbeitrag anhand eines Beispiels aus der Praxis näher erläutert. Denn die Medienpädagogik ist in der KiTa Uphof bereits seit dem Jahr 2000 ein zentraler Bestandteil.
Steckbrief der KiTa UPHOF
Institution: | KiTa UPHOF in Hamm (Nordrhein-Westfalen), (https://www.kita-uphof.de/index.php?id=589) |
Projekt: | Medienpädagogik in der Kita |
Zielgruppe: | Kinder im Elementarbereich (unter 3 Jahren) |
Ziele: | Vermittlung von Medienkompetenzen, Vermittlung von sozial-kommunikativen Kompetenzen, Zugang zu relevanten pädagogischen Themen, Bildungschancengleichheit |
Mediennutzungsverhalten von Kindern im Alter von 0-3 Jahren
Die kindliche Lebenswelt ist heute mehr und mehr durch digitale Medien geprägt. Bereits durch die Nutzung von Medien im Umfeld des Kindes eignet sich dieses bereits Kompetenzen an. Dieser Medienkontakt ist bereits seit der Geburt des Kindes vorhanden. Abhängig vom jeweiligen individuellen Entwicklungsstand entwickelt das Kind nach und nach ein eigenständiges Medienhandeln und das Bedürfnis, digitale Medien nutzen zu wollen. Grundlegend spricht die empirische Forschung hierbei von mehreren Phasen:
- Ab der Geburt bis zum zweiten Lebensjahr: Kinder kommen zum ersten Mal in den Kontakt mit digitalen Medien. Sie werden auf deren Inhalte und Funktionen aufmerksam.
- Spätestens bis zum ersten Lebensjahr: Das Verständnis für die Inhalte entwickeln sich mehr und mehr. Die Wischtechnik zur Verwendung eines Endgeräts mit Touchscreen wird von den Kindern beherrscht.
- Ab dem zweiten Lebensjahr: Die motorischen Fähigkeiten zur Bedienung eines technischen Endgeräts sind zunehmend vorhanden. Eigene Medienwünsche bestehen.
- Ab dem dritten Lebensjahr: Einfache Inhalte werden nun definitiv verstanden und mediale Botschaften entschlüsselt. Die Weltaneignung wird von medialen Inhalten und Figuren geprägt. Die Nutzung von digitalen Medien wird zur Freizeitbeschäftigung.
Medienpädagogik in Kindertagesstätten
Laut Mediennutzungsverhalten nutzen viele Kleinkinder technische Medien bereits aktiv oder passiv. Der Medienkonsum findet in erster Linie im familiären Umfeld statt. Als Vorbild für den Umgang mit Medien dienen zunächst einmal die Eltern. Aufgrund von unterschiedlichen soziokulturellen Faktoren in den Familien, unterscheiden sich die Medienerfahrungen der Kinder, wenn sie in Kita oder Kindergartenalter kommen, teils stark voneinander. So weisen manche bereits Erfahrungen im Gebrauch von Handys und Tablets auf, während andere Zuhause keine technischen Endgeräte besitzen und somit eine geringere Mediennutzung haben. Auch machen sich nicht alle Eltern über die Mediennutzung ihrer Kinder Gedanken oder begleiten sie bei dieser. Der konsumierte Inhalt differenziert sich somit teils auch stark voneinander.
Diese „digitale Kluft“ ist eine Ungleichheit, welche sich heute negativ auf die gesellschaftliche Teilhabe der Kinder und auf die Chancengleichheit auswirken kann. Beide Aspekte fallen unter den Bildungsauftrag der Kindertagesstätten. Aus diesem Grund nimmt das Thema Medienpädagogik eine immer zentralere Rolle in der Institution Kita ein. Durch Medienerziehung in den Kitas wird nicht nur vermittelt, wie eine altersgerechte und vielseitige Mediennutzung aussehen kann, auch wird die Identitätsbildung sowie die Sprachentwicklung der Kinder gefördert. Ebenfalls werden Kenntnisse über die technischen Nutzungsweisen vermittelt.
Die Kindertagesstätten ermöglichen eine spielerische Annäherung an die Thematik und begleiten die Kinder bei der Sammlung von neuen Medienerfahrungen. Mit Blick auf das Mediennutzungsverhalten der Kinder scheint die Vermittlung von Medienkompetenzen in den Einrichtungen erst ab einem Alter von drei Jahren als sinnvoll. Jedoch hat jedes Kind einen anderen Entwicklungsstand, weswegen Medienerziehung in Individualfällen auch früher bereits zielorientiert Anwendung finden kann. Neben der Medienbildung der Kinder ist auch die Beratung und Unterstützung der Eltern bei der kindlichen Mediennutzung eine Aufgabe der Kindertageseinrichtungen.
Einsatz von Medienpädagogik in der KiTA UPHOF in Hamm
Die KiTa UPHOF gewann nicht nur den deutschen Kita-Preis, sie wurde auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als ein „Haus der kleinen Forscher“ ausgezeichnet. Dies bedeutet, dass die Kita sich für die frühe Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) einsetzt. In der evangelischen Kindertagesstätte wird bereits seit dem Jahr 2000 Medienpädagogik angewendet. Ziel der Kita ist es, Kindern der Elementarstufe den Umgang mit digitalen Medien spielerisch zu vermitteln. Sie sollen diese nicht nur passiv konsumieren, sondern auch sinnvoll und kreativ zu nutzen wissen. Somit können nicht nur Medienkompetenzen vermittelt werden, auch sozial-kommunikative Kompetenzen werden gefördert.
Filmprojekt – Jona und der Wal
Die Kita beschreibt, dass sie durch den Einsatz von digitalen Medien den Kindern einen besonderen Zugang zu pädagogisch relevanten Themen vermitteln kann. Als evangelische Kindertageseinrichtung betrifft dies in der Kita insbesondere den religionspädagogischen Bereich. So setzten sich die Kinder bei der Erstellung eines Stop-Motion-Films über die biblische Geschichte „Jona und der Wal“ mit dieser kreativ auseinander. Unter dem Einsatz von Printmedien und digitalen Medien wurden der Text und die Bilder für die visuelle Darstellung der Geschichte entwickelte. Jeder Schritt und jede kleinste Bewegung des Protagonisten wurde per Foto festgehalten. Mit der App „Stop Motion Studio“ und unter der Nutzung von Tablets wurden diese Fotos aneinandergereiht, sodass ein kleines Video entstand. Anschließend wurde der eigens entwickelte Text von den Kindern eingesprochen und die Tonspur über das Video gelegt. Sie finden den circa dreiminütigen Clip hier. Diese Methode eignet sich neben der Sammlung von Medienkompetenzen insbesondere zur Förderung von Sprachkompetenzen und dem sozialen Miteinander.
Green-Screen-Filmstudio
Neben der Erstellung von Stop-Motion-Filmen werden in der Einrichtung auch Trickfilme erstellt. Es werden entweder eigene kleine Geschichten umgesetzt oder bekannte Geschichten aufgearbeitet. Die Handlung wird durch die Erstellung eines Storyboards detailliert dargestellt und festgehalten. Die Kinder entwerfen die Hintergründe für den Kurzfilm, der durchaus aus unterschiedlichen Szenen mit unterschiedlichen Handlungsorten zusammengesetzt sein kann. Es werden Landschaften, Räume, Figuren und Requisiten digital oder analog erstellt. Der Text zur Geschichte wird wie bei den Stop-Motion-Filmen ebenfalls selbstständig entwickelt. Beim Einsprechen der Rollen versetzen sich die Kinder in die jeweilige Rolle und ihre Emotionen hinein und somit mit ihren eigenen Gefühlen auseinander.
Waldprojekt – Selfie mit der Baumkrone
Neben der Religionspädagogik kommen andere Themen in der Kita natürlich auch nicht zu kurz. Beim Projekt „Selfie mit der Baumkrone“ erkunden die Kinder die Natur mit Hilfe eines Tablets und diversen Apps. Der Lebensraum Wald und seine Flora und Fauna werden erkundet und allerlei Pflanzen und Tiere näher bestimmt. Es wird wichtiges Sachwissen an die Kinder vermittelt. Bei Geocaching-Aktionen und Schnitzeljagden werden neben den Medienkompetenzen auch alle Sinne beansprucht. Die Kinder setzen sich bewusst mit der neuen Umgebung auseinander, sie beobachten die Natur und machen eigenständige Entdeckungen. Auch werden durch den Ausflug und gemeinsame Aufgaben und Ziele, wie etwa beim Geocaching, das Gemeinschaftsgefühl der Kinder und ihre sozialen Kompetenzen gestärkt. Durch die Nutzung von Fotofiltern und das Erstellen von Selfies mit interessanten Gegenständen wird auch die Kreativität gefördert.
Erfinden – Tüfteln – Programmieren
Die Kita unterstützt auch kleine Tüftler bei der Erstellung von eigenen technischen Erfindungen. Neben der Frage, welche Funktion diese erfüllen sollte, wird auch die Konzipierung und Umsetzung selbstständig durchgeführt. Mit Hilfe von Lego, Alltagsmaterialien, Elektroschrott und vielem mehr werden die Erfindungen schlussendlich technisch umgesetzt. Somit kommen die Kinder mit den MINT-Themen in Berührung und lernen eigene Ideen zu entwickeln, diese grafisch festzuhalten und schlussendlich selbstständig umzusetzen.
Tipps
Bei der Implementierung von Workshops und Projekten, sowie dem generellen Einsatz von Medienpädagogik in ihrer Einrichtung ist geschultes Personal von hoher Wichtigkeit. Das Personal muss selbst Medienkompetenzen besitzen und sich über die Wirkung von einzelnen digitalen Medien im Klaren sein. Auch die Vorteile und Risiken von digitalen Medien und wie man die Kinder vor diesen schützen kann, sollten bekannt sein. Neben diesen Aspekten ist natürlich auch die grundlegende Haltung zur Thematik von zentraler Bedeutung. Bevor sie eigene Workshops und Projekte veranstalten oder entwickeln, möchten wir Ihnen noch ein paar Anregungen und Tipps mit auf den Weg geben:
- Die Medienerziehung sollte immer in Kombination mit anderen Bildungsthemen stattfinden.
- Je weniger technisch und niederschwellig die Aktivitäten/Projekte sind, desto größer ist der Grad der Selbstständigkeit der Kinder im Umgang mit den digitalen Medien. Aus diesem Grund eignen sich Tablets als ideales Gerät für die Medienarbeit in der Kita.
- Digitale Medien müssen beim Einsatz in der Einrichtung nicht immer im Vordergrund stehen. Kompetenzen können auch durch selbstverständliche Nutzung von Handys, Tablets, etc., an die Kinder vermittelt werden.
- Die fotografische Dokumentation von interessanten Gegenständen und Entdeckungen bei Exkursionen ermöglichen es, dass die gesammelten Informationen später in der Kita noch einmal auf- und nachbereitet werden können.
- Es lohnt sich, mit den Kindern über bekannte Medienfiguren, Medienthemen oder Medienformate ins Gespräch zukommen und das Erzählte aufzugreifen. Veranstalten Sie zum Beispiel einen Tag der Lieblingsfiguren, an welchem die Kinder als ihre ausgewählte Person verkleidet in die Kita kommen dürfen. In einem gemeinsamen Rahmen tauschen sie sich dann über die jeweiligen Figuren, ihre Stärken und Schwächen und ihre Lebenswelt aus. Die Kinder haben so die Möglichkeit, von ihrer Mediennutzung im elterlichen Umfeld zu berichten.
Quellenangaben und weiterführende Informationen:
Bundesministerium für Bildung und Forschung (o.J.): Haus der kleinen Forscher.
URL: https://www.haus-der-kleinen-forscher.de (18.12.20)
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2018, 09. März): Der einfache Einstieg in die Medienerziehung: Für pädagogische Fachkräfte in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe.
URL: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/der-einfache-einstieg-in-die-medienerziehung/122432 (18.12.20)
Evangelischer Kirchenkreis Hamm (o.J.): Kita Uphof.
URL: https://www.kita-uphof.de/index.php?id=589 (18.12.20)
Medien Kindergarten (o.J.): Warum Medienerziehung im Kindergarten sinnvoll ist.
URL: https://medienkindergarten.wien/medienpaedagogik/medienerziehung-im-kindergarten/warum-medienerziehung-im-kindergarten-sinnvoll-ist/ (18.12.20)
Behr, Julia (2016, Dezember): Digitale Welt, schon in der Kita?
URL: https://www.nifbe.de/component/themensammlung?view=item&id=672:digitale-welt-schon-in-der-kita&catid=134 (18.12.20)
Saferinternet (2020, 06. Februar): Studie: 72 Prozent der 0- bis 6-Jährigen im Internet.
URL: https://www.saferinternet.at/presse-detail/studie-72-prozent-der-0-bis-6-jaehrigen-im-internet/(18.12.20)
Tag der Medienkompetenz (o.J.): KiTa UPHOF Hamm.
URL: https://www.tdm.nrw/2020/09/24/kita-uphof-hamm/ (18.12.20)
Bildquellen:
Titelbild: HolgersFotografie. (05.10.13).
URL: https://pixabay.com/de/photos/zug-eisenbahn-lokomotive-holz-bunt-189828/
Abbildung 1: CCXpistiavos. (01.09.17).
URL: https://pixabay.com/de/vectors/bibel-geschichte-ccx-storying-2702929/
Abbildung 2: Bokskapet. (23.05.19).
URL: https://pixabay.com/de/photos/clipper-film-bild-video-kino-4223871/
Abbildung 3: Foto-Rabe. (17.08.19).
URL: https://pixabay.com/de/photos/wald-smartphone-natur-hand-telefon-4411637/
Abbildung 4: blickpixel. (09.02.15).
URL: https://pixabay.com/de/photos/lego-wall-e-figur-kult-computer-628570/